Was passiert, wenn das Kind den Ausbildungsplatz nicht antritt?
Eltern haben grundsätzlich Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag, wenn ihr Kind über 18 Jahre alt ist und sich um einen Ausbildungsplatz bemüht, aber keinen gefunden hat (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG). Voraussetzung ist, dass das Kind seine Ausbildungswilligkeit durch entsprechende Nachweise, wie Bewerbungen oder Absagen, belegen kann.
Anspruch auf Kindergeld bei Wartezeiten
Ein Kind wird auch dann berücksichtigt, wenn ihm ein Ausbildungs- oder Studienplatz erst im kommenden Jahr zugesagt wurde. In diesem Fall besteht durchgehend Anspruch auf Kindergeld, unabhängig von einer Viermonatsgrenze, solange das Kind auf den Ausbildungsbeginn wartet.
Was passiert, wenn das Kind den Ausbildungsplatz nicht annimmt?
Lässt ein Kind ein Angebot für einen Ausbildungsplatz oder Studienplatz ungenutzt und nimmt den Platz aus persönlichen Gründen nicht an, entfällt der Anspruch auf Kindergeld. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Kind, das einen Ausbildungsplatz ablehnt, nicht mehr als ausbildungswillig gilt, wodurch das Kindergeld mit dem Verstreichen der Annahmefrist wegfällt (BFH-Urteil vom 26.8.2014, XI R 14/12).
Hinausschieben des Ausbildungsbeginns
Ein Verschieben des Ausbildungsbeginns aus organisatorischen Gründen der Schule oder des Betriebs ist unschädlich, wenn das Kind eine Zusage hat. Ebenso wird eine Verschiebung aufgrund einer vorübergehenden Erkrankung akzeptiert, sofern die Ausbildung später begonnen werden kann (BFH-Urteil vom 28.5.2013, XI R 38/11).
Erkrankung ohne absehbares Ende
Der Bundesfinanzhof hat jedoch entschieden, dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn ein Kind seine Ausbildung wegen einer Krankheit nicht beginnen kann und das Ende der Erkrankung nicht absehbar ist (BFH-Urteil vom 12.11.2020, III R 49/18).
Kindergeld bei Wartezeiten von mehr als vier Monaten
Wenn die Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz oder eine Unterbrechung länger als vier Monate dauert, muss sich das Kind unbedingt als ausbildungsplatzsuchend oder arbeitssuchend melden, um den Kindergeldanspruch zu wahren. Ein ausbildungsplatzsuchendes Kind wird bis zum 25. Lebensjahr berücksichtigt, während ein arbeitssuchendes Kind nur bis zum 21. Lebensjahr Anspruch auf Kindergeld hat.
Wichtig: Wenn das Kind sich nicht rechtzeitig arbeits- oder ausbildungsplatzsuchend meldet, entfällt der Kindergeldanspruch komplett für die Übergangszeit. So entschied das Finanzgericht Münster, dass Eltern den Kindergeldanspruch verloren, weil das Kind während einer pandemiebedingten Wartezeit nicht als ausbildungsplatzsuchend gemeldet war (FG Münster, Urteil vom 14.6.2022, 13 K 745/21 Kg).
Sonderregelungen während der Corona-Pandemie
Wenn die Ausbildung aufgrund der Corona-Pandemie objektiv nicht fortgesetzt werden kann, kann der Kindergeldanspruch ähnlich wie bei einer krankheits- oder mutterschutzbedingten Unterbrechung bestehen bleiben. Jedoch entschied das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht, dass keine Ausbildungswilligkeit vorliegt, wenn ein Kind seine Ausbildung aus eigenem Entschluss während der Corona-Pandemie unterbricht und sich weder als ausbildungsplatzsuchend meldet noch aktiv um eine Ausbildungsstelle bemüht (Urteil vom 27.3.2024, 5 V 71/23).
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