Ist jedoch ein Internatsaufenthalt durch eine Krankheit oder Behinderung verursacht, können die Internatskosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein. Wichtig ist, dass die Heilbehandlung im Vordergrund steht und der Schulbesuch nur anlässlich dieser Heilbehandlung gleichsam nebenbei und nachrangig erfolgt. Dann stellen die Internatskosten unmittelbare Krankheitskosten dar, die in vollem Umfang - unter Anrechnung der zumutbaren Belastung - als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG absetzbar sind.
Das Finanzgericht Thüringen erlaubt, dass Internatskosten (ohne Verpflegung) bis zu 4.000 Euro zu zwei Dritteln als Sonderausgaben abgezogen werden (FG Thüringen, 2 K 95/15). Dies gilt, wenn das Internat eine ganzheitliche Betreuung und Erziehung für das Kind bietet.
Das Finanzgericht Münster entschied, dass die Kosten für den Privatschulbesuch eines hochbegabten Kindes keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen (FG Münster, Urteil vom 13.6.2023, 2 K 1045/22 E). Die Eltern machten die Internatskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend, da ihre Tochter eine besondere Lernbegabung und eine hohe Intelligenz besitzt. Das Gericht lehnte die Anerkennung ab und stufte die Aufwendungen nicht als unmittelbare Krankheitskosten, sondern als Kosten der privaten Lebensführung ein. Die Eltern verwiesen auf ein Schreiben des amtsärztlichen Dienstes, das die Gesundheitsgründe für den Schulwechsel bestätigte. Trotzdem entschied das Gericht, dass die Kriterien für die Anerkennung als Krankheitskosten nicht erfüllt waren.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte jedoch 2011 entschieden, dass Aufwendungen für den Schulbesuch und die Internatsunterbringung eines hochbegabten Kindes als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sein können, wenn der Schulbesuch medizinisch angezeigt ist (BFH-Urteil vom 12.5.2011, VI R 37/10).
Diese medizinische Indikation muss nicht unbedingt durch ein vorher ausgestelltes Attest nachgewiesen werden. Das Gericht kann auch später geeignete Beweismittel akzeptieren. Wenn der BFH der Auffassung der Klägerin folgt, könnten die Kosten des Schulbesuchs und der Internatsunterbringung als unmittelbare Krankheitskosten anerkannt werden.
Gegen das Urteil des FG Münster wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. VI B 35/23).