(2018)
Sind auch Anliegerbeiträge steuerbegünstigt?
Aufwendungen für Handwerkerleistungen sind mit 20 %, höchstens 1.200 Euro im Jahr, direkt von der Steuerschuld abziehbar. Begünstigt sind Arbeiten in der selbst genutzten Wohnung bzw. "im Haushalt" sowie auf dem Grundstück. Sind aber auch Anliegerbeiträge für eine Straßenerneuerung begünstigt?
Folglich möchte die Finanzverwaltung die Steuervergünstigung für Hausanschlüsse (Fernsehen, Internet), Zu- und Ableitungen (Strom, Gas, Wasser), Abflussrohrreinigung, Abwasserentsorgung, Laubentfernung, Außenanlagen, Pflasterarbeiten usw. nur innerhalb der Grundstücksgrenze gewähren und lehnt sie für Maßnahmen außerhalb des Grundstücks ab (BMF-Schreiben vom 10.1.2014, BStBl. 2014 I S. 75, Tz. 15, Anlage 1).
Aber der Bundesfinanzhof hat gegen den Fiskus entschieden, dass der Steuervorteil nicht auf Leistungen beschränkt ist, die genau innerhalb der Grundstücksgrenzen erbracht werden. Die erforderliche Verbindung zum Haushalt sei auch dann noch gegeben, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die die Grundstücksgrenze überschreitet und exklusiv dem Grundstück dient. Nach Auffassung der BFH-Richter sind nicht nur Handwerkerleistungen begünstigt, die "in" einem Haushalt erbracht werden, sondern auch solche, die "für" den Haushalt erbracht werden.
Denn der Begriff "im Haushalt" ist räumlich-funktional auszulegen. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts - anders als der Fiskus meint - nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr können auch Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem bzw. öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (BFH-Urteil vom 20.3.2014, VI R 56/12).
Aktuell hat das Finanzgericht Nürnberg Ausbaubeiträge für die Gemeindestraße ebenfalls als begünstigte Handwerkerleistungen anerkannt. Die Grenzen des Haushalts seien nicht durch die Grundstücksgrenze abgesteckt, sondern auch Arbeiten jenseits der Grundstücksgrenze könnten begünstigt sein. Dies gelte nicht nur für die Erneue-rung der Straßendecke, sondern auch für die Erneuerung des Wasseranschlusses, des Abwasseranschlusses und die Erneuerung des Gehwegs (FG Nürnberg vom 24.6.2015, 7 K 1356/14, rkr.).
Nach Auffassung der Richter sei nur dann die Führung eines Haushalts möglich, wenn ein Anwesen an das öffentliche Wege- und Straßennetz angebunden ist. In einem Haus, das nicht durch das allgemeine Straßennetz erreichbar sei, könne ein zeitgemäßer Haushalt nicht geführt werden. Denn ohne Transportmöglichkeiten sei weder die Versorgung mit den Gütern des täglichen Lebens gewährleistet noch die notwendigen Transporte der in diesem Haushalt lebenden Personen beispielsweise zu Schule, Arbeitsstelle oder auch medizinischer Versorgung.
Im Urteilsfall betrug der Anliegerbeitrag 8.034 Euro. Davon ermittelte der Steuerzahler einen Lohnanteil von 42,5 % und machte Handwerkerleistungen in Höhe von 3.414 Euro geltend. Da es sich um ein Zweifamilienhaus handelte und der Vater eine Wohnung bewohnte, setzt er diesen Betrag zur Hälfte an. Folglich betrug die Steuerermäßigung 20 % von 1.707 Euro = 342 Euro. Diesen Betrag hat das FG Nürnberg anerkannt.
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Die Finanzverwaltung hatte gegen das Urteil Revision beim BFH eingereicht (VI R 45/15), diese aber dann wieder zurückgenommen. Damit ist das Urteil rechtskräftig. Eine andere Meinung vertritt das FG Berlin-Brandenburg: Das Führen eines Haushalts sei auch ohne unmittelbaren Straßenanschluss möglich. Deshalb sei der Erschließungsbeitrag für den Ausbau einer bisher unbefestigten Straße keine begünstigte Handwerkerleistung (FG Berlin-Brandenburg vom 15.4.2015, 11 K 11018/15).
Aktuell hat der Bundesfinanzhof Folgendes klargestellt: Der von § 35a EStG vorausgesetzte räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen ist nicht gegeben, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird (BFH-Urteil vom 21.2.2018, VI R 18/16).
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