(2022)
Fotovoltaik: Betrieb und Verkauf der Anlage sind gewerbliche Einkünfte
Die Finanzverwaltung und auch die Finanzrechtsprechung behandeln die Einkünfte aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage als "Einkünfte aus Gewerbebetrieb". Aber ist dies wirklich korrekt? Vielmehr ist es doch so, dass beim Betrieb einer Fotovoltaikanlage eigentlich alle Merkmale der Gewerblichkeit fehlen, wie aktive Teilnahme am Markt und am Wettbewerb, eigene Preisgestaltung, verschiedene Kunden, die Möglichkeit zum Wechsel des Netzbetreibers, aktives Tun des Betreibers (dieser tut nämlich gar nichts).
Es fehlt sogar an einem Mitspracherecht des Betreibers, denn der Netzbetreiber bestimmt einseitig die Vertragsbedingungen. Der Betreiber der Fotovoltaik hat eigentlich gar nichts zu sagen. Die Aufstellung von Fotovoltaikanlagen wird baurechtlich auch in reinen Wohngebieten genehmigt, die mit Gewerbeverboten belegt sind.
Tatsächlich ist es bei der Fotovoltaik so, dass der Betreiber eine von ihm erworbene und aufgestellte Fotovoltaikanlage für einen fest vorgegebenen Zeitraum von 20 Jahren zur Verfügung stellt, nämlich mietweise gegen eine Miete (zzgl. Umsatzsteuer), die sich nach der erfolgten Einspeisung bemisst. Hier liegt doch eine Umsatzpacht vor. Und diese müsste - anstatt zu Gewerbeeinkünften - zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen. Wer eine Fotovoltaikanlage erstellt, tut dies regelmäßig wegen der erwarteten Rendite.
Auch die Vertragsdauer von 20 Jahren mit dem regionalen Stromanbieter zeigt, dass es um eine mittel- bis langfristige Vermögensanlage geht, zumal die Rendite bei den Anlegern im Vordergrund steht. Deshalb könnte man doch an-nehmen, eine Fotovoltaikanlage führe zu "Einkünften aus Vermietung und Verpachtung" und die Veräußerung der Anlage führe zu "sonstigen Einkünften".
Aktuell hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass der Betrieb und der Verkauf einer Fotovoltaikanlage Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellen (FG Baden-Württemberg vom 5.4.2017, 4 K 3005/14).
Nach Auffassung der Finanzrichter unternimmt der Betreiber einer Fotovoltaikanlage eine selbstständige nachhaltige Betätigung mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, und beteiligt sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (§ 15 Abs. 2 EStG). Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setze voraus, dass die Tätigkeit gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird, etwa mit der Einspeisung des Stroms in das Stromnetz eines Energieversorgers gegen Entgelt. Die Tätigkeit für einen bestimmten Vertragspartner reiche aus. Das Entgelt hierfür könne erfolgsabhängig bestimmt werden. Produziere der Betreiber Strom und verkaufe diesen an einen Abnehmer, überschreite diese Tätigkeit den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung.
Neue Vereinfachungsregelung für kleine Anlagen
Das Bundesfinanzministerium verfügt, dass bei kleinen Fotovoltaikanlagen auf schriftlichen Antrag des Steuerbürgers unterstellt werden kann, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Bei ihnen liegt dann grundsätzlich eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Das heißt: Für den Betrieb bestimmter Fotovoltaikanlagen kann auf die Erstellung und Abgabe einer Einnahmen-Überschussrechnung verzichtet werden. Im Gegenzug dürfen allerdings keine Verluste steuerlich abgezogen werden.
Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre. Das Gesagte gilt im Übrigen gleichermaßen für den Betrieb kleiner Blockheizkraftwerke (BMF-Schreiben vom 2.6.2021, V C 6 - S 2240/19/10006 :006, BStBl 2021 I S. 722). Die Grundsätze lauten:
- Die Vereinfachungsregelung gilt für Fotovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW, die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhäusern einschließlich Außenanlagen (z.B. Garagen) installiert sind und nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb genommen wurden.
- Die Regelung gilt zudem für Blockheizkraftwerke mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW, wenn die obigen Voraussetzungen ("Ein- und Zweifamilienhäuser") erfüllt sind.
- Bei den aufgeführten Fotovoltaikanlagen und vergleichbaren Blockheizkraftwerken ist auf schriftlichen Antrag des Steuerbürgers aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Bei ihnen liegt grundsätzlich eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre.
- Für Veranlagungszeiträume, in denen die obigen Voraussetzungen nicht vorliegen (z.B. bei Nutzungsänderung, Vergrößerung der Anlage über die genannte Leistung), ist die Vereinfachungsregelung unabhängig von der Erklärung der steuerpflichtigen Person nicht anzuwenden. Sie hat den Wegfall der oben genannten Voraussetzungen dem zuständigen Finanzamt schriftlich mitzuteilen.
- Veranlagte Gewinne und Verluste (z.B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen) aus zurückliegenden Veranlagungszeiträumen, die verfahrensrechtlich einer Änderung noch zugänglich sind (z.B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen), sind nicht mehr zu berücksichtigen. In diesen Fällen ist dann eine Anlage EÜR für den Betrieb der Fotovoltaikanlage/des Blockheizkraftwerks für alle offenen Veranlagungszeiträume nicht mehr abzugeben.
Gilt die Billigkeitsregelung auch für die Umsatzsteuer? Nein, die Regelung gilt nur für die Einkommensteuer und nicht für die Umsatzsteuer. Damit muss auch weiterhin eine Umsatzsteuererklärung abgegeben werden, wenn nicht bereits die Kleinunternehmerregelung geltend gemacht wurde. Insofern ist der Nutzen der Billigkeitsregelung etwas eingeschränkt. Allerdings sollten Sie prüfen, ob Sie nun als Kleinunternehmer eingestuft werden und dann auch auf die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung verzichten können. Die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) bei der Umsatzsteuer können Sie wählen, wenn Ihr Umsatz im Vorjahr nicht höher als 22.000 EUR war und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht höher als 50.000 EUR sein wird.
Hinweis: Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sollen Fotovoltaikanlagen steuerlich besser gefördert werden. Dies sieht der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 vor. Im Einzelnen:
Einkommen- und gewerbesteuerlich ist geplant, dass nicht nur kleine Anlagen bis 10 kW von der Besteuerung ausgenommen werden. Nach dem Willen der Bundesregierung wird eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Fotovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung (lt. Marktstammdatenregister) von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) eingeführt.
Bei der Umsatzsteuer soll gelten: Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Fotovoltaikanlagen und Stromspeichern soll in Zukunft ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz gelten, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Fotovoltaikanlage handelt und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Betreiber von Fotovoltaikanlagen werden also bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet, so dass sich Fragen rund um den Vorsteuerabzug erübrigen.
Natürlich bleibt abzuwarten, ob die Regelungen tatsächlich wie geplant verabschiedet werden. Die neue EU-Richtlinie 2022/542 vom 5.4.2022 erlaubt jedenfalls einen Nullsteuersatz. Wenn dieser Nullsteuersatz angewandt wird, bleibt übrigens der Vorsteuerabzug des Lieferanten bzw. Handwerkers erhalten. Auch das erlaubt die genannte EU-Richtlinie.
Rechner
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