(2022)
Wann können Ledige eine doppelte Haushaltsführung geltend machen?
Auch Ledige können die Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten geltend machen. Voraussetzung dafür ist u. a., dass sie einen eigenen Hausstand unterhalten.
Ein eigener Hausstand ist eine eingerichtete Wohnung,
- die den Mittelpunkt Ihrer Lebensinteressen darstellt,
- die Sie aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzen,
- in der Sie einen Haushalt "unterhalten" oder mitunterhalten, d. h. die Haushaltsführung bestimmen oder wesentlich mitbestimmen,
- und sich finanziell an den Haushaltskosten beteiligen (neu ab 2014).
Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob Sie die Wohnung unentgeltlich oder entgeltlich nutzen und ob Sie sich an der Haushaltsführung finanziell beteiligen oder nicht. Ein "eigener Hausstand" bei doppelter Haushaltsführung wird nur dann anerkannt, wenn sich der ledige Arbeitnehmer an den Kosten des Haushalts finanziell beteiligt (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG 2014).
Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer z. B. im Haushalt seiner Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer bewohnt oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. Erforderlich ist, dass die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung nicht bloß Bagatellbeträge sind (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Tz. 100).
- Betragen die Barleistungen mehr als 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs), ist von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze auszugehen.
- Betragen die Barleistungen weniger als 10 % der laufenden Haushaltskosten, kann der Arbeitnehmer eine hinreichende finanzielle Beteiligung auch auf andere Art und Weise darlegen, z.B. Finanzierung des gemeinsamen Urlaubs, der Kfz-Kosten oder von größeren Anschaffungen.
- Wie soll der Ledige seine finanzielle Beteiligung an der Haushaltsführung in der Steuererklärung darlegen? Da im Steuerformular keine Abfragezeile dafür vorhanden ist, sollte er ganz einfach eine eventuelle Nachfrage des Finanzamtes abwarten.
Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass eine regelmäßige Beteiligung an den laufenden Wohnungs- und Verbrauchskosten nicht erforderlich ist, da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien hierauf hindeuten (Urteil vom 18.9.2019, 9 K 209/18).
Der Fall: Der Kläger hat eine Wohnung an seinem Arbeitsort angemietet. Zudem bewohnt er in seinem Elternhaus eine nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss gemeinsam mit seinem Bruder. Ein Mietvertrag bezüglich dieser Wohnung besteht nicht. Im Rahmen seiner Steuererklärung gab der Kläger an, dass er sich in einer Gesamthöhe von 3.160,47 Euro im Jahr 2015 am Haushalt der Eltern beteiligt habe. Im Einzelnen legte er dar und wies mithilfe von Kreditkartenauszügen nach, dass er durchgängig das ganze Jahr über Lebensmitteleinkäufe getätigt hatte. Zudem fügte er Kontoauszüge über eine Überweisung in Höhe von 1.200 Euro (Verwendungszweck: Nebenkosten/Telekommunikation) sowie über eine Überweisung über 550 Euro (Verwendungszweck: Anteil neue Fenster in 2015) an seinen Vater vor. Beide Kontoauszüge datierten vom Dezember 2015. Das Finanzamt sah hierin jedoch keinen ausreichenden Nachweis über eine finanzielle Beteiligung und lehnte den Abzug von Kosten der doppelten Haushaltsführung ab. Der Kläger habe nicht dargelegt, in welcher Höhe monatlich regelmäßig laufende Kosten der Lebensführung für die Haushaltsführung entstanden seien. Die hiergegen gerichtet Klage war indes erfolgreich.
Begründung des Gerichts: Im Streitfall habe sich der Kläger durch die Einmalzahlungen im Dezember und die belegten Lebensmitteleinkäufe finanziell an den Lebensführungskosten des elterlichen Haushalts beteiligt. Auf den Zeitpunkt der Zahlung (Anfang, Mitte oder Ende des jeweiligen Jahres) komme es nicht an. Auch am Ende des Jahres geleistete finanzielle Beträge können ausreichend sein. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung könne eine gleichmäßige Beteiligung an den monatlichen laufenden Aufwendungen für Miete usw. nicht gefordert werden. Daher seien Ende des Jahres geleistete Zahlungen auch nicht nur teilweise - nach einer Zwölftelung - zu berücksichtigen, sondern vielmehr in voller Höhe.
Selbst eine Einbeziehung von Zahlungen außerhalb des Streitjahres halten die Richter für denkbar, sofern die Zahlungen ihre wirtschaftliche Verursachung im jeweiligen Streitjahr haben (etwa Beteiligung an den Nebenkosten nach Vorlage der Nebenkostenabrechnung im Folgejahr).
Auch wenn das Urteil viele positive Aussagen enthält, so ist doch eine Verschärfung gegenüber der allgemeinen Auffassung zu erkennen: Unter Lebensführungskosten seien (nur) diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens zu verstehen, die einen Haushaltsbezug aufweisen, im Wesentlichen also Miet- und Hauskosten, Verbrauchs- und sonstige Nebenkosten, Aufwendungen für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgeräten und -gegenständen, Kosten für Lebensmittel und Telekommunikationskosten. Nicht hierzu zählen aber mangels Haushaltsbezugs Kosten für Urlaub, Pkw, Freizeitgestaltung, Gesundheitsfürsorge, Kleidung usw.
Tipp: Gegen das Urteil ist zwischenzeitlich die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig unter dem Az. VI R 39/19. Sofern das Finanzamt bei Ihnen eine doppelte Haushaltsführung mit dem Argument der fehlenden Kostenbeteiligung abgelehnt hat, sollten Sie hiergegen Einspruch einlegen und sich auf das genannte Verfahren berufen. Nach Möglichkeit sollten Sie es erst gar nicht auf einen Streit ankommen lassen, sondern am besten einen Dauerauftrag einrichten und den Eltern einen angemessenen Betrag "Beteiligung an den Miet- und Hauskosten" monatlich überweisen.
Lohnsteuer kompakt
Aktuell hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass trotz Abschlusses einer Berufsausbildung die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung nicht erfüllt sind, wenn das Kind zwar am Arbeitsort eine eigene Wohnung angemietet hat, zuhause bei den Eltern aber nur über ein Zimmer, das ehemalige Kinder- oder Jugendzimmer, verfügt. Selbst wenn es sich an den Kosten des Haushalts der Eltern nachweislich beteiligt, soll dies für die Anerkennung eines eigenen Haushalts nicht ausreichen (Urteil vom 7.10.2020, 13 K 1756/18 E).
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