Diskriminierung: Entschädigung des Arbeitgebers vollkommen steuerfrei
Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verboten (§ 1 AGG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Der so Benachteiligte kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen (§ 15 Abs. 2 AGG). Die Frage ist, wie eine solche Entschädigung steuerlich zu behandeln ist. Aktuell hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass eine Entschädigung, die ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer wegen Diskriminierung, Mobbings oder sexueller Belästigung zahlen muss, steuerfrei und eben kein steuerpflichtiger Arbeitslohn ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die behauptete Benachteiligung bestritten und sich lediglich in einem gerichtlichen Vergleich zur Zahlung bereit erklärt hat. Steuerfrei bedeutet, dass die Zahlung nicht sozialversicherungspflichtig ist (FG Rheinland-Pfalz vom 21.3.2017, 5 K 1594/14).
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin hat gegen die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses "aus personenbedingten Gründen" Kündigungsschutzklage erhoben, mit der sie auch eine Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung begehrte. Wenige Wochen vor der Kündigung hatte das Amt für soziale Angelegenheiten eine Körperbehinderung von 30 % festgestellt.
Vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern schlossen die Mitarbeiterin und ihr Arbeitgeber sodann einen Vergleich, in dem "eine Entschädigung gemäß § 15 AGG" i.H.v. 10.000 Euro vereinbart und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wurde. Das Finanzamt wollte die Entschädigung als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandeln.
Nach Auffassung der Finanzrichter ist dem beim Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich zu entnehmen, dass es sich bei der Zahlung nicht um Ersatz für entstandene materielle Schäden i.S.d. § 15 Abs. 1 AGG (z.B. entgehenden Arbeitslohn) gehandelt hat, sondern um den Ausgleich immaterieller Schäden i.S.d. § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Diskriminierung der Klägerin als Behinderte. Eine solche Entschädigungszahlung sei steuerfrei und nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren. Der Arbeitgeber der Klägerin habe die Benachteiligung zwar bestritten.
Im Wege des Vergleichs sei er jedoch bereit gewesen, eine Entschädigung wegen (nur) behaupteter Benachteiligung zu zahlen. Solche Einnahmen hätten keinen Lohncharakter und seien daher steuerfrei.
Lohnsteuer kompakt
Die Entschädigung ist nicht nur steuer- und sozialversicherungsfrei, sie wird auch nicht in den Progressionsvorbehalt einbezogen, sodass sie nicht zu einem höheren Steuersatz für das übrige Einkommen führt.
Altersdiskriminierende Besoldung?
Das Bundesverwaltungsgericht hat soeben jungen Beamten eine Entschädigung wegen altersdiskriminierender Besoldung zugesprochen, weil ihre Besoldung gegen das Verbot der Benachteiligung wegen Alters verstoßen hat. Das Gericht hat den Anspruch auf Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG hergeleitet (BVerwG-Urteile vom 6.4.2017, 2 C 11.16 und 2 C 12.16). Die Besoldungsregeln benachteiligten jüngere Beamte allein wegen ihres Lebensalters (EuGH-Urteil vom 19.6.2014, C-501/12).
(2022): Diskriminierung: Entschädigung des Arbeitgebers vollkommen steuerfrei
Was sind Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit?
Eine Nachzahlung oder Vorauszahlung für eine mehrjährige Tätigkeit (z.B. Abfindungen) kann im Jahr der Zahlung mit der Fünftelmethode ermäßigt besteuert werden. Entscheidend ist, dass sich die Tätigkeit auf zwei Kalenderjahre erstreckt.
Mit der sogenannten Fünftelregelung werden außerordentliche Einkünfte im deutschen Steuerrecht begünstigt (§ 34 EStG). Bei diesen sog. "tarifbegünstigten Einkünften" handelt es sich um Einkünfte, die über mehrere Jahre erwirtschaftet wurden, aber in einem einzelnen Jahr realisiert und besteuert werden
(2022): Was sind Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit?
Wann wird eine Abfindung nach der Fünftelregelung besteuert?
Bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden die betroffenen Mitarbeiter im Allgemeinen mit einer Abfindung verabschiedet. Solche Zahlungen sind seit 2006 leider nicht mehr durch einen Steuerfreibetrag begünstigt, wohl aber noch durch die Fünftelregelung (gemäß § 34 EStG).
Um in den Genuss der ermäßigten Besteuerung nach der Fünftelregelung zu kommen, muss die Abfindung zusammengeballt in einem Jahr gezahlt werden, und das Jahreseinkommen mit Abfindung muss höher sein als das Einkommen bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Dann soll mit der Steuervergünstigung die Progressionswirkung des Einkommensteuertarifs abgemildert werden.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei einem Bruttogehalt im Vorjahr von rund 140.000 Euro eine Abfindung in Höhe von "nur" 43.000 Euro nicht ermäßigt besteuert werden darf. Deshalb kommt die Fünftelregelung nicht zum Zuge. Denn beim Vergleich der Einkünfte aus dem Vorjahr mit den Einkünften im Jahr der Abfindung ergeben sich keine höheren Einkünfte, damit keine progressionssteigernde Wirkung und somit kein steuerlicher Nachteil, der ausgeglichen werden müsste (BFH-Urteil vom 8.4.2014, IX R 33/13).
Im Rahmen der Vergleichsberechnung sind zwei Größen einander gegenüberzustellen: die "Ist-Größe", also das, was Sie in dem betreffenden Jahr mitsamt der Abfindung erhalten haben, und die "Soll-Größe", nämlich die Einkünfte, die Sie bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätten. Dabei können Sie das Einkommen des Vorjahres zugrunde legen. Übersteigt die Abfindung die bis Jahresende entgehenden Einnahmen nicht, können weitere Einnahmen einbezogen werden, die Sie sonst nicht bezogen hätten, z. B. Arbeitslosengeld.
(2022): Wann wird eine Abfindung nach der Fünftelregelung besteuert?
Eigene Kündigung: Unterliegt die Abfindung der Fünftelregelung?
Die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist für den betroffenen Mitarbeiter meist schmerzlich. Zur gütlichen Trennung wird der Mitarbeiter daher häufig mit einem goldenen Handschlag verabschiedet. Zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes wird eine Abfindung, die zudem bei der Versteuerung steuerbegünstigt berücksichtigt wird. Gilt dies aber auch bei einer eigenen Kündigung?
Die Abfindung ist eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG und gehört damit zu den "außerordentlichen Einkünften". Und für diese außerordentlichen Einkünfte gibt es eine Steuervergünstigung: die ermäßigte Besteuerung nach der sog. Fünftelregelung (§ 34 EStG). Dafür ist allerdings u.a. erforderlich, dass es sich um ein "besonderes Ereignis" handelt. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Beendigung oder Änderung des Vertrags vom Arbeitgeber ausgeht oder wenn der Arbeitnehmer beim Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck oder zumindest in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten gehandelt hat.
Achtung: Nicht gewährt wird die Steuervergünstigung, wenn Sie die Vertragsauflösung aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben, also ohne jegliche Veranlassung durch den Arbeitgeber selbst gekündigt haben.
Aktuell hat das Finanzgericht Münster aber in einem Fall entschieden, dass eine Abfindung auch dann mittels Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 2 EStG steuerbegünstigt ist, wenn der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag auf eigene Initiative hin abgeschlossen hat. Hier stand der Arbeitnehmer beim Abschluss des Auflösungsvertrages unter dem von der BFH-Rechtsprechung geforderten nicht unerheblichen tatsächlichen Druck, denn er handelte in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten über die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und über die von ihm begehrte Höhergruppierung (FG Münster vom 17.3.2017, 1 K 3037/14 E, Revision IX R 16/17).
Nach Auffassung der Finanzrichter ist es für die Steuervergünstigung unschädlich, dass der Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber zugegangen war und den Abschluss eines Auflösungsvertrages mit Abfindungsregelung eingefordert hatte. Für die Annahme einer Konfliktsituation reiche es aus, dass überhaupt eine gegensätzliche Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestand, beide Konfliktparteien zur Entstehung des Konflikts beigetragen haben und die Parteien den Konflikt im Konsens lösen.
Diese Voraussetzungen seien erfüllt, weil hier beide Parteien durch die Auflösungsvereinbarung ihre Interessenkonflikte bezüglich eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Dienst und bezüglich einer Höhergruppierung bereinigt hätten.
Aktuell hat der BFH die Sichtweise geteilt und die Revision der Finanzverwaltung zurückgewiesen. Danach gilt: Zahlt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Zuge der (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, sind tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer dabei unter tatsächlichem Druck stand, regelmäßig entbehrlich (BFH-Urteil vom 13.03.2018,IX R 16/17, BStBl 2018 II S. 709
(2022): Eigene Kündigung: Unterliegt die Abfindung der Fünftelregelung?