(2022)
Kann ich auch Fahrtkosten mit dem Fahrrad geltend machen?
Viele Arbeitnehmer nutzen für die Fahrten zur Arbeit und auch gelegentlich bei Auswärtstätigkeiten das Fahrrad. Die Frage ist, was Sie in diesem Fall steuerlich als Werbungskosten absetzen können.
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
Diese Fahrten können mit der Entfernungspauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer (38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer) als Werbungskosten abgesetzt werden. Dabei spielt die Art des Verkehrsmittels keine Rolle, sodass auch das Fahrrad begünstigt ist.
Fahrten zu einem gleichbleibenden Sammelpunkt
Manche Arbeitnehmer haben keine „erste Tätigkeitsstätte“, sondern müssen sich auf Weisung ihres Arbeitgebers dauerhaft an einem gleich bleibenden Treffpunkt (Sammelpunkt) einfinden und von dort aus ihre Arbeit aufnehmen oder unterschiedliche Arbeitsorte aufsuchen. Solche Treffpunkte sind beispielsweise das Fahrzeugdepot bei Berufskraftfahrern, Straßenbahnführern, Taxifahrern, Lokomotivführern, Zugbegleitern usw., die ihr Fahrzeug stets am gleichen Ort übernehmen.
Dies können auch Sammelpunkte sein, um von dort mit einem Fahrzeug des Arbeitgebers zu den jeweiligen Einsatzstellen weiterzufahren, z. B. Parkplatz, Treffpunkt am Firmensitz zur Weiterfahrt zu Baustellen. Sie können seit 2014 die Fahrten mit dem Fahrrad zum gleichbleibenden Treffpunkt mit der Entfernungspauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer (38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer) absetzen. Gleichwohl können auch seit 2014 Verpflegungspauschbeträge geltend gemacht werden.
Lohnsteuer kompakt
Aktuell hat der Bundesfinanzhof eine interessante Entscheidung zu dem Thema "Fahrten zum Sammelpunkt" gefällt. Danach gilt: Wenn der Sammelpunkt nicht typischerweise arbeitstäglich aufgesucht wird, sind die Fahrten dorthin mit den Dienstreisesätzen und nicht nur mit der Entfernungspauschale abziehbar (BFH-Urteil vom 19.4.2021, VI R 6/19). Vorweg: Das Urteil des BFH ist nicht leicht verdaulich, doch insbesondere Bauarbeiter, die häufig die Baustellen wechseln, sollten sich die Ausführungen genau durchlesen, da sie bares Geld bringen können.
- Der Fall: Der Kläger ist als Baumaschinenführer tätig. Zu den jeweiligen Baustellen gelangte er entsprechend einer betriebsinternen Anweisung jeweils von einem bestimmten Treffpunkt aus mit einem Sammelfahrzeug seines Arbeitgebers. Dies betraf sowohl Fahrten mit täglicher Rückkehr als auch Fahrten zu sonstigen Arbeitsorten, an denen der Kläger mehrtägig übernachtete. Die Einsätze auf den Fernbaustellen dauerten in der Regel die gesamte Woche. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrten zum jeweiligen Sammelpunkt nur mit der Entfernungspauschale, während der Kläger den Dienstreisesatz von 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer geltend machte. Der BFH hat nicht abschließend entschieden, sondern den Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen. Er hat dieser aber wichtige Sätze ins Stammbuch geschrieben.
- Wird der Sammelpunkt typischerweise arbeitstäglich aufgesucht, sind die Fahrten dorthin nur mit der Entfernungspauschale abzugsfähig. Ein typischerweise fahrtägliches Aufsuchen des Sammelpunktes hingegen reicht nicht aus, um den Arbeitnehmer mit der Pendlerpauschale abzuspeisen. Damit nimmt der BFH eine seltsame Unterscheidung vor, die sich erst auf den zweiten Blick erschließt.
- Das typischerweise arbeitstägliche Aufsuchen bedeutet, dass der Arbeitnehmer den Sammelpunkt tatsächlich täglich aufsuchen soll, um von dort zu den Baustellen zu gelangen. Maßgebend sind insoweit die Weisung des Arbeitgebers und das geplante Geschehen. Zwar muss der Arbeitnehmer den Sammelpunkt nicht wirklich jeden Werktag aufsuchen, aber doch mit einer solchen Regelmäßigkeit, dass Fortbildungen, außerplanmäßige Einsätze oder mehrtägige Einsätze auf Baustellen mit Übernachtungen die Ausnahme sind. Es kommt entscheidend darauf an, ob von vornherein feststeht, dass der Mitarbeiter nur auf eintägigen Baustellen eingesetzt werden soll. Hierfür kann auch die Betriebsstruktur des Arbeitgebers eine Rolle spielen.
- Wird der Arbeitnehmer häufiger auch auf mehrtägigen Fernbaustellen eingesetzt, liegt kein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen des Sammelpunktes des Arbeitgebers vor. Er wird lediglich typischerweise für die Weiterfahrten ("fahrtäglich") zu den Baustellen aufgesucht. Dann sind die Kosten aber mit 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer zu berücksichtigen. Auch hier kommt es für die Beurteilung nicht auf eine nachträgliche Betrachtung des Geschehens an, sondern auf den vom Arbeitgeber geplanten Einsatz des Mitarbeiters.
Fahrten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten
Werden Dienstreisen oder Auswärtstermine mit dem Fahrrad absolviert, kann seit 2014 keine Pauschale mehr abgesetzt werden. Doch absetzbar sind unverändert die tatsächlichen entstandenen Aufwendungen, z. B. die Anschaffungskosten, verteilt über die Nutzungsdauer, entsprechend dem beruflichen Nutzungsanteil. Aber diese Ermittlung ist doch recht mühsam.
Lohnsteuer kompakt: Werden Dienstfahrten mit einem Elektrofahrrad unternommen, ist zu unterscheiden, ob das Fahrrad verkehrsrechtlich als Fahrrad (Pedelec) oder als Kraftfahrzeug (S-Pedelec, E-Bike) einzustufen ist. Letzteres sind Elektro-Fahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde unterstützt. In diesem Fall können Sie die Dienstreisepauschale von 20 Cent je km absetzen.
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