(2019)
Wann werden Umzugskosten trotz geringer Fahrzeitersparnis anerkannt?
Aktuell hat das Finanzgericht Köln ein Wahnsinnsurteil zugunsten der Steuerzahler gefällt: Obwohl die erforderliche Fahrzeitersparnis von mindestens 1 Stunde bei weitem nicht erreicht wurde, wurde ein Umzug als beruflich veranlasst und die Umzugskosten als Werbungskosten anerkannt.
Umzugskosten sind steuerlich als Werbungskosten absetzbar, wenn für den Wohnungswechsel berufliche Gründe vorliegen, z.B. Wechsel des Arbeitgebers, Versetzung, Bezug oder Räumung einer Dienstwohnung u.Ä. Ein Umzug ist auch ohne Arbeitsplatzwechsel beruflich veranlasst, wenn sich durch den Umzug die Dauer der Hin- und Rückfahrt zum Arbeitsplatz insgesamt wenigstens zeitweise um mindestens eine Stunde täglich verringert.
Aber wussten Sie, dass selbst bei einer Fahrzeitersparnis von weniger als einer Stunde täglich ein Umzug noch beruflich veranlasst sein kann? Tatsächlich kann dies der Fall sein, wenn der Wohnungswechsel zu einer "sonstigen wesentlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen" führt. Wann mag dies wohl vorkommen?
Im vorliegenden Fall betrug vor dem Umzug die Dauer der Fahrt mit der U-Bahn (8 Minuten) und für die Fußwege einschließlich der Wartezeiten insgesamt 20 Minuten je Fahrt, also arbeitstäglich 40 Minuten. Nach dem Umzug war die Arbeitsstätte in weniger als 5 Minuten zu Fuß zu erreichen. Die berufliche Veranlassung lag hier darin, dass die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel zu einer wesentlichen sonstigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen führte (FG Köln vom 24.2.2016, 3 K 3502/13). Sehr interessant und äußerst steuerzahlerfreundlich ist die Begründung der Kölner Finanzrichter:
"In die Beurteilung, ob ein Umzug trotz Zeitersparnis von weniger als einer Stunde zu einer wesentlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen geführt hat, sind noch weitere Gesichtspunkte einzubeziehen. Wer in einer Großstadt keine Verkehrsmittel benutzen muss und den Weg zur Arbeit zu Fuß gehen kann, für den entfallen der Zeitdruck und der Stress, die von der Notwendigkeit des pünktlichen Erscheinens ausgehen, insbesondere wenn der Arbeitnehmer keine gleitende Arbeitszeit hat.
Im Urteilsfall hatte die Lehrerin auf ihren Wegen zudem nicht unerhebliches Gepäck - Bücher, Unterrichtsmaterialien und Laptop - in einem Rucksack zu tragen, das sie nicht in der Schule aufbewahren konnte. Da die Wegezeit vor ihrem Umzug überwiegend auf die Fußwege sowie das Warten an den Haltestellen bzw. Ampeln entfiel, macht die Verkürzung speziell des Fußweges den Transport des schweren Gepäcks erheblich bequemer.
Die allgemein bekannten Unannehmlichkeiten beim Ein- und Aussteigen mit Gepäck während der Hauptverkehrszeiten von Straßenbahnen sind infolge des Umzugs komplett weggefallen. Dass die Lehrerin durch den Umzug im regulären Stundenplan sowie im Vertretungsplan flexibler eingeplant werden bzw. an ihren freien Tagen sogar nur für eine Stunde zur Schule kommen konnte, gehört im Ergebnis ebenfalls zu ihren Arbeitsbedingungen. Ob die Schule diesen Einsatz zuvor von ihr hätte verlangen dürfen oder nicht, ist nicht von Belang. Die berufliche Veranlassung stellt dies nicht in Frage."
Ob so viel Freundlichkeit vor dem Bundesfinanzhof Bestand hat, bleibt abzuwarten. Noch ein bemerkenswerter Aspekt: Dass der Umzug mit dem Erwerb und Bezug einer Eigentumswohnung in Zusammenhang stand, hindert - so die Finanzrichter - die berufliche Veranlassung des Umzugs nicht. Dieses private Motiv werde durch die vorrangige berufliche Veranlassung überlagert.
Lohnsteuer kompakt
Sind Sie es leid, täglich die weite Strecke zur Arbeit zu fahren und möchten nun doch näher an den Arbeitsort ziehen? Aufwendungen für die Suche nach einer geeigneten Wohnung, beispielsweise Inseratkosten und Besichtigungsfahrten, können Sie auch dann als (vergebliche) Umzugskosten geltend machen, wenn die Suche erfolglos bleibt und der Umzug tatsächlich nicht stattfindet.
Voraussetzung ist nur, dass sich im Falle eines Umzugs eine tägliche Fahrzeitersparnis von mindestens einer Stunde ergeben hätte (FG Düsseldorf vom 24.3.1994, EFG 1994 S. 652).
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