Bezieher von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) müssen ab 63 Jahren eine zwangsweise Frühverrentung hinnehmen (§ 12a SGB II). Wer die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente erfüllt, kann vom Jobcenter dazu aufgefordert werden, einen Rentenantrag zu stellen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie Rentenabschläge hinnehmen müssen und die Rente gar niedriger ist als das Arbeitslosengeld II. Sofern die betroffenen Menschen einen derartigen Antrag nicht in die Wege leiten, stellen die Jobcenter selbst den Antrag auf Verrentung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II).
Der Wille des betroffenen Menschen – ob er dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung stehen möchte oder nicht – spielt keine Rolle.
Aktuell wurde am 1.7.2015 im Bundestag der Antrag der Fraktion Die Linke auf Abschaffung der Zwangsverrentung von Hartz IV-Beziehern im Bundestag mit Koalitionsmehrheit abgelehnt. Die Linke hatte beantragt, Zwangsverrentungen bei älteren Empfängern von Hartz IV-Leistungen abzuschaffen. Es solle die Verpflichtung aufgehoben werden, einen vorzeitigen Rentenantrag stellen zu müssen. Auch sollten die Jobcenter keine Berechtigung mehr haben, unabhängig vom Willen der Betroffenen für diese einen Rentenantrag zu stellen (BT-Drucksache 18/5434 vom 2.7.2015).
Aktuell hat am 19.8.2015 das Bundessozialgericht entschieden, dass die vorzeitige Verrentung von Hartz IV-Leistungsbeziehern rechtmäßig ist. Falls der Leistungsberechtigte seiner Verpflichtung zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen eines anderen Trägers nicht nachkommt, kann der SGB II-Leistungsträger (Jobcenter) ihn zur Beantragung dieser Leistungen auffordern und bei verweigerter Mitwirkung selber für den Leistungsberechtigten den Antrag stellen.
Zu den vorrangigen Leistungen gehört grundsätzlich auch die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres trotz der mit ihr verbundenen dauerhaften Rentenabschläge (BSG-Urteil vom 19.8.2015, B 14 AS 1/15 R).
Aber es gibt die sog. Unbilligkeitsverordnung vom 14.4.2008: Danach müssen Hartz-IV-Bezieher eine Altersrente nicht vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Inanspruchnahme „unbillig“ wäre. Das ist der Fall, wenn
- die vorgezogene Rente zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen würde.
- die Altersrente in nächster Zukunft (d.h. innerhalb der nächsten drei Monate) abschlagsfrei in Anspruch genommen werden kann.
- eine nicht bedarfsdeckende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wird (Aufstocker).
- Leistungsberechtigte glaubhaft machen, demnächst eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.