Rentenbesteuerung 2025: BMF streicht Vorläufigkeit im Steuerbescheid

Rentenbesteuerung 2025: BMF streicht Vorläufigkeit im Steuerbescheid
(Bild mit KI generiert)

Ab sofort entfällt der Vorläufigkeitsvermerk zur Rentenbesteuerung in neuen Steuerbescheiden. Das BMF sieht keinen verfassungsrechtlichen Klärungsbedarf mehr – trotz laufender BFH-Verfahren. Was das für Rentner bedeutet und wie Sie reagieren sollten, erfahren Sie hier.

Keine Vorläufigkeit mehr bei Rentenbesteuerung: Das müssen Rentner jetzt wissen

Jahrelang wurden Einkommensteuerbescheide mit Rentenbezug vorläufig erlassen, wenn es um die Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung ging. Hintergrund waren offene Fragen zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Rentenbesteuerung. Diese Praxis hat sich nun geändert:

Seit dem 10. März 2025 wird der Vorläufigkeitsvermerk gestrichen, wie das Bundesfinanzministerium (BMF) in zwei aktuellen Schreiben bekannt gab
(BMF-Schreiben vom 10.03.2025, Az. IV D 1 – S 0338/00083/001/081 und IV C 4 – S 2255/00236/011/001).

Hintergrund: Streit um Doppelbesteuerung von Renten

Seit Jahren wird vor Gerichten über die Doppel- oder Übermaßbesteuerung von Renten gestritten. Insbesondere Rentner mit hohem Eigenanteil aus versteuertem Einkommen an der Altersvorsorge fühlen sich benachteiligt. Der BFH hatte 2021 entschieden, dass das aktuelle System grundsätzlich verfassungsgemäß sei, aber Einzelfälle problematisch sein können (Urteile vom 19.05.2021, X R 33/19 und X R 20/21).

Die Kläger reichten daraufhin Verfassungsbeschwerde ein – doch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nahm diese 2023 nicht zur Entscheidung an. Dennoch läuft die Diskussion weiter: Der BFH muss in neuen Verfahren erneut über mögliche Doppelbesteuerung urteilen (Az. X R 18/23 und X R 9/24).

Was bedeutet das für neue Steuerbescheide?

Seit dem 10.03.2025 gilt:

  • Neue Steuerbescheide enthalten keinen Vorläufigkeitsvermerk mehr zur Rentenbesteuerung.

  • Ältere Bescheide behalten ihren Vorläufigkeitsstatus – bis zur endgültigen Entscheidung oder auf Antrag.

  • Wer einen neuen oder geänderten Bescheid ohne Vorläufigkeit erhält, sollte unbedingt Einspruch einlegen, um sich alle rechtlichen Möglichkeiten offenzuhalten.

  • Einzelfallprüfung bleibt der einzige Weg, eine Doppelbesteuerung erfolgreich geltend zu machen.

Mustertext für den Einspruch

Wer Einspruch einlegen möchte, kann sich an folgendem Muster orientieren:

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

gegen den oben genannten Einkommensteuerbescheid (nebst Bescheid über die Festsetzung von Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlages) lege ich / legen wir hiermit fristgerecht Einspruch ein und begründe(n) ihn wie folgt:

Laut Steuerbescheid haben Sie folgende Rente ______________ (genaue Bezeichnung) in Höhe von ______________ dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet, mithin also ______________ Euro versteuert. Die Rente ist teilweise jedoch aus bereits versteuertem Einkommen aufgebaut worden. Oder anders ausgedrückt: Während der Erwerbsphase / Aktivphase sind entsprechende Beiträge zur Altersvorsorge nur im geringen Maße steuerlich abgezogen worden, während die Rente nunmehr relativ hoch besteuert wird. Somit liegt eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppelbesteuerung vor.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.2023, 2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21), doch der BFH muss erneut über eine mögliche Doppel- bzw. Übermaßbesteuerung von Renten entscheiden (Az. X R 18/23 und X R 9/24). Es ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob § 22 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa und bb EStG gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoßen, weil die dort genannten Ertragsanteile nicht mittels mathematischer Berechnung nachvollziehbar sind.

Im Hinblick auf diese beiden Verfahren beantrage ich / beantragen wir ein Ruhen meines / unseres eigenen Einspruchsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 AO.

Mit freundlichen Grüßen

(Unterschrift)

 

Wichtig: Auch bei Änderungsbescheiden aufpassen

Ein geänderter Steuerbescheid kann dazu führen, dass bisherige Vorläufigkeitsvermerke entfallen – selbst wenn es sich um eine Änderung in ganz anderem Zusammenhang handelt. Das hat der BFH bereits 2020 bestätigt (Urteil vom 16.06.2020, VIII R 12/17).

📌 Tipp: Prüfen Sie jeden neuen oder geänderten Bescheid genau. Fehlt der Vorläufigkeitsvermerk zur Rentenbesteuerung, müssen Sie gesondert Einspruch einlegen.

Wer könnte betroffen sein?

Die Finanzverwaltung hält das System für verfassungskonform – doch Einzelfälle mit Doppelbesteuerung sind laut BFH möglich. Betroffen sein könnten:

  • Freiberufler, die freiwillig hohe Beiträge gezahlt haben

  • Personen mit hohen Nachzahlungen z. B. nach Scheidung

  • Männer (wegen statistisch kürzerer Lebenserwartung)

  • Ledige ohne Hinterbliebenenversorgung

  • Rentner mit wenig steuerlicher Absetzbarkeit vor 2005

  • Ausgewanderte Rentner ohne vollen Vorsorgeabzug

🧾 Tipp: Wer eine Doppelbesteuerung vermutet, sollte alle Unterlagen zur Vorsorgeaufwendungen und Rentenzuflüssen sammeln – z. B. Rentenbescheide, Steuerbescheide, Lohnnachweise.

Fazit

Die Streichung der Vorläufigkeit bedeutet keinen Automatismus für höhere Steuern, aber weniger Spielraum für künftige Korrekturen. Wer betroffen sein könnte, sollte unbedingt Einspruch gegen neue Steuerbescheide einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens hinwirken. Nur so lassen sich die Chancen wahren, von einem möglichen Urteil des BFH zu profitieren.

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