„Bis dass der Tod euch scheidet?“ Von wegen. Etwa jede dritte Ehe in Deutschland geht vorzeitig auseinander. Und jedes Mal ist dies mit ganz erheblichen Kosten für beide Parteien verbunden. Für jeden Ehegatten stellt sich die Frage, ob er seine Scheidungskosten steuerlich als außergewöhnliche Belastung absetzen darf. Zu unterscheiden ist dabei zwischen den Kosten des Scheidungsverfahrens und der Scheidungsfolgesachen:
- Im Jahre 2011 hatte der Bundesfinanzhof seine enge Rechtsprechung geändert und die Möglichkeiten zur steuerlichen Absetzbarkeit von Prozesskosten erheblich ausgeweitet: Zivilprozesskosten sollten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses immer dann aus rechtlichen Gründen als zwangsläufig gelten und damit als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden (BFH-Urteil vom 12.5.2011, BStBl. 2011 II S. 1015).
- In den Jahren nach 2011 haben etliche Finanzgerichte die großzügige BFH-Rechtsprechung auf Scheidungsfolgesachen übertragen und auch Anwalts- und Gerichtskosten für Zugewinnausgleich, Kindesunterhalt, nach-ehelichen Unterhalt als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG anerkannt.
Die Richter betonen, dass das Recht der Ehe (Eheschließung und -scheidung einschließlich der daraus folgenden Unterhalts-, Vermögens- und Versorgungsfragen) allein dem staatlich dafür vorgesehenen Verfahren unterliegt. Ein anderes, billigeres Verfahren steht Eheleuten zur Beendigung einer Ehe nicht zur Verfügung.
Dieses Rechtsstaatsprinzip würde verletzt, wenn die steuerliche Absetzbarkeit von Anwalts- und Gerichtskosten auf die reine Ehescheidung und den Versorgungsausgleich begrenzt wäre. Vielmehr seien auch die vermögens- und unterhaltsrechtlichen Regelungen durch die Ehescheidung veranlasst und deshalb die entsprechenden Prozesskosten steuerlich absetzbar.
„Eine zerrüttete Ehe kann nur im Wege des familiengerichtlichen Scheidungsverfahrens beendet werden. Dementsprechend ist es unstreitig, dass die Scheidungskosten als solche eine außergewöhnliche Belastung darstellen. Eine Trennung der Scheidungskosten im engeren Sinne von den anteiligen Kosten einer Scheidungsfolgesache ist rechtlich nicht geboten“ (FG Schleswig-Holstein vom 21.2.2012, 1 K 75/11).
Aktuell hat der Bundesfinanzhof zur Rechtslage vor 2013 entschieden, dass Prozesskosten für Scheidungsfolgesachen außerhalb des Zwangsverbundes, z.B. für nachehelichen Unterhalt, Zugewinnausgleich und Vermögensauseinandersetzung, nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind (BFH-Urteil vom 20.1.2016, VI R 70/12). Aber – so möchte man hier einwenden – die Argumente der Vorinstanz (siehe oben) sind doch gut und absolut einleuchtend!?
- Der BFH bestätigt zur Rechtslage vor 2013, dass Kosten für das Ehescheidungsverfahren mitsamt Versor-gungsausgleich von Rentenanwartschaften (sog. Zwangsverbund) als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar sind, weil diese Kosten grundsätzlich zwangsläufig entstehen.
- Nicht zwangsläufig sind Folgesachen der Ehescheidung außerhalb des Zwangsverbunds, wie Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen und Regelungen über den Unterhalt, auch wenn diese zusammen mit der Scheidungssache verhandelt werden. Solche Folgesachen können ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden, sodass die Prozesskosten nicht zwangsläufig sind. Dies gilt auch dann, wenn der andere Ehegatte die Einbeziehung der Folgesachen in den Scheidungsverbund beantragt hat und der Betroffene dies nicht verhindern kann.
Und wie steht’s zur Rechtslage ab 2013? Ab 2013 ist die Absetzbarkeit von Zivilprozesskosten im Gesetz geregelt (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Es ist davon auszugehen, dass die Kosten für Scheidungsfolgesachen außerhalb des Zwangsverbunds weiterhin nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Die Kosten für das Scheidungsverfahren und den Versorgungsausgleich im Zwangsverbund will die Finanzverwaltung ebenfalls nicht anerkennen, doch nach unserer Auffassung wird der Bundesfinanzhof hier die alte Rechtslage bestätigen und die Kosten anerkennen.