Seit 2002 gibt es bei Bauleistungen eine Steuervorschrift, die kaum jemand kennt und beachtet: Eine Quellensteuer auf Bauleistungen von Bauunternehmen und Handwerkern, sog. Bauabzugsteuer (§ 48 ff. EStG). Betroffen von der Bauabzugsteuer sind Auftraggeber, wenn sie Unternehmer gemäß § 2 UStG sind. Und dies trifft auf Betreiber einer Fotovoltaikanlage zu: Der Betreiber gilt aufgrund der Netzeinspeisung als Unternehmer und erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Betroffen sind ebenfalls Vermieter mit mehr als zwei vermieteten Wohnungen.
Die Frage ist, ob die Installation einer Fotovoltaikanlage eine Bauleistung ist und ob auch Betreiber einer Fotovol-taikanlage zum Steuerabzug verpflichtet sind.
- Bis 2012 war es gängige Auffassung der Finanzverwaltung, dass die Installation von Fotovoltaik- und Solaranlagen eine Bauleistung darstellt und folglich der Bauabzugsteuer unterliegt.
- Im Jahre 2012 war der Fiskus dann zur Einsicht gelangt, dass Fotovoltaikanlagen selbstständige Betriebsvorrichtungen sind. Solche vom Gebäude losgelöste bewegliche Wirtschaftsgüter könnten keine Bauleistungen für das Gebäude sein, und deshalb komme auch die Bauabzugsteuer nicht mehr zur Anwendung.
Aktuell informiert die Finanzverwaltung, dass sie ihre Rechtsansicht erneut geändert hat: Nunmehr soll die Installation einer Fotovoltaikanlage an oder auf einem Gebäude und sogar die Aufstellung einer Freiland-Fotovoltaikanlage doch eine Bauleistung darstellen und der Bauabzugsteuer gemäß § 48 EStG unterliegen. Zur Beurteilung einer Bauleistung soll es jetzt – aus welchen Gründen auch immer – keine Rolle mehr spielen, ob das fest in das Gebäude eingebaute Wirtschaftsgut als Betriebsvorrichtung oder als Gebäudebestandteil anzusehen ist (Bayerischen Landesamts für Steuern vom 16.9.2015, S 2272.1.1-3/8 St32).
Die bisher anders lautende Auffassung, dass Fotovoltaikanlagen als Betriebsvorrichtungen nicht den Begriff des Bauwerks erfüllen, hält der Fiskus nicht mehr aufrecht. Die neue Rechtsauffassung ist grundsätzlich ab September 2015 in allen offenen Fällen anzuwenden, doch bis zum 31.12.2015 kann noch auf den Abzug der Bauabzugsteuer oder auf das Anfordern einer Freistellungsbescheinigung verzichtet werden.
Das sind die Regeln zur Bauabzugsteuer:
- Zum Steuerabzug verpflichtet sind Unternehmer i.S. des § 2 UStG. Danach ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, auch nebenberuflich. Und dies trifft auf Betreiber einer Fotovoltaikanlage zu: Der Betreiber gilt aufgrund der Netzeinspeisung als Unternehmer und erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Betroffen sind ebenfalls Vermieter mit mehr als zwei vermieteten Wohnungen.
- Der Steuerabzug muss jedoch nicht vorgenommen werden, wenn der Handwerker dem Auftraggeber eine gültige Freistellungsbescheinigung seines Finanzamtes vorlegt. Diese sollte in Kopie den Rechnungsunterlagen beigefügt und aufbewahrt werden.
- Der Steuerabzug muss nicht vorgenommen werden, wenn der Auftragswert der Bauleistungen (einschl. USt.) eine bestimmte Bagatellgrenze nicht übersteigt. Diese Bagatellgrenze beträgt für Unternehmer 5.000 Euro und für Vermieter 15.000 Euro im Kalenderjahr.
- Fazit: Der Betreiber einer Fotovoltaikanlage muss also vom Rechnungsbetrag des Handwerkers einen Steuerabzug von 15 % des Brutto-Rechnungsbetrages (einschl. USt.) vornehmen, bis zum 10. Tag des Folgemonats an das Finanzamt des Handwerkers eine Steueranmeldung auf amtlichem Formular einreichen und dorthin den Steuerbetrag abführen. Alternativ kann er sich vom Handwerker eine Freistellungsbescheinigung seines Finanzamtes vorlegen lassen und ihm dann den Gesamtbetrag überweisen.
Beispiel:
Otto Steuerle lässt eine Fotovoltaikanlage installieren und erhält dafür vom Handwerker eine Rechnung in Höhe von 30.000 Euro zzgl. 5.700 Euro Umsatzsteuer, insgesamt 35.700 Euro.
Otto Steuerle führt an das Finanzamt des Handwerkers einen Betrag von 5.355 Euro ab (15 % von 35.700 Euro) und überweist dem Handwerker den Restbetrag von 30.345 Euro (35.700 Euro ./. 5.355 Euro).
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