Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Finanzamt muss Haushaltsgemeinschaft genau prüfen

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Finanzamt muss Haushaltsgemeinschaft genau prüfen
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Alleinerziehende haben Anspruch auf einen steuerlichen Entlastungsbetrag, wenn sie mit mindestens einem Kind zusammenleben, für das sie Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erhalten. Entscheidend ist, dass keine andere erwachsene Person im Haushalt lebt – mit wenigen Ausnahmen. Doch was passiert, wenn das Finanzamt fälschlicherweise von einer Haushaltsgemeinschaft ausgeht? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun klargestellt, dass Finanzämter und Gerichte ihre Prüfpflicht beim Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ernst nehmen müssen.

Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Seit 2023 beträgt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende 4.260 Euro pro Jahr. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um 240 Euro (§ 24b EStG). Voraussetzung für den steuerlichen Vorteil ist, dass die alleinerziehende Person mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt lebt und keine andere volljährige Person zur Haushaltsführung beiträgt.

Es gibt jedoch Ausnahmen, die den Anspruch nicht gefährden:

  • Eigene volljährige Kinder, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkinder, für die Kindergeld oder der Kinderfreibetrag gewährt wird.
  • Pflegebedürftige Erwachsene, die sich nicht an der Haushaltsführung beteiligen können.
  • Volljährige Flüchtlinge aus der Ukraine, die in den Jahren 2022 und 2023 aus Billigkeitsgründen aufgenommen wurden. Ob diese Regelung 2024 fortbesteht, ist noch unklar.

Finanzamt muss Haushaltsgemeinschaft genau prüfen

Oft kommt es zum Streit mit dem Finanzamt, wenn unklar ist, ob eine Haushaltsgemeinschaft mit einer weiteren erwachsenen Person besteht. In einem aktuellen Fall (BFH-Beschluss vom 14.01.2025, X B 72/23) hat der BFH klargestellt, dass die Finanzämter nicht ohne genaue Prüfung eine Haushaltsgemeinschaft unterstellen dürfen.

Der Fall: Eine Steuerpflichtige machte den Entlastungsbetrag geltend und erklärte, sie lebe allein mit ihren beiden Kindern. Das Finanzamt unterstellte jedoch eine Haushaltsgemeinschaft mit dem Vater der Kinder, weil dieser sich in einem Steuerstrafverfahren als verlobt bezeichnet hatte. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg folgte dieser Annahme, ohne weitere Nachforschungen anzustellen.

Der BFH sah darin einen Verfahrensfehler: Das Finanzgericht hätte den vermeintlichen Verlobten als Zeugen befragen müssen, um den Sachverhalt vollständig zu klären. Da dies unterlassen wurde, wurde das Urteil aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen.

Ermittlungspflicht des Finanzamts: Das Urteil zeigt: Das Finanzamt darf sich nicht auf Vermutungen stützen. Gemäß Amtsermittlungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) müssen Finanzämter und Gerichte den Sachverhalt umfassend prüfen. Wenn strittig ist, ob eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, sind auch Zeugenaussagen einzuholen.

Diese Ermittlungspflicht gilt nicht nur für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, sondern auch für andere steuerliche Fragestellungen – beispielsweise, wenn es um die Voraussetzungen einer Ehegattenveranlagung geht (BFH-Urteil vom 18.07.1996, III R 90/95).

Fazit

Alleinerziehende sollten sich nicht vorschnell eine Haushaltsgemeinschaft unterstellen lassen. Falls das Finanzamt den Entlastungsbetrag ablehnt, lohnt es sich, auf eine umfassende Prüfung zu bestehen. Das aktuelle BFH-Urteil bestätigt, dass Gerichte und Finanzämter verpflichtet sind, die entscheidenden Fakten gründlich zu ermitteln, bevor sie eine Steuervergünstigung verweigern.

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