Anspruch auf den Übungsleiterfreibetrag in Höhe von 2.400 Euro haben nicht nur Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher und Betreuer u.Ä. Begünstigt ist auch die nebenberufliche Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen. Als Pflege gilt nicht nur die Hilfe am menschlichen Körper, setzt aber doch eine unmittelbare, persönlich zu erbringende Leistung des Helfenden voraus. Erforderlich ist, dass die Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt wird, für eine gemeinnützige Organisation oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts geleistet wird und gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient (§ 3 Nr. 26 EStG).
- Im Rahmen der nebenberuflichen Pflegetätigkeit sind begünstigt u.a. Rettungskräfte, Rettungssanitäter, Rettungsschwimmer, Notärzte in Rettungs- und Krankentransportwagen, Einsatzkräfte der Berg-, Höhlen- und Wasserrettung, Kriseninterventionspersonen, Helfer vor Ort, Dauerpflege eines Pflegebedürftigen im Auftrag der Krankenkasse oder eines ambulanten Pflegedienstes, Hilfsdienste bei der häuslichen Betreuung durch ambulante Pflegedienste, Tätigkeit bei der Bahnhofsmission.
- Begünstigt sind ferner Fahrer und Beifahrer im Behindertenfahrdienst, Auslandsrückholdienst, Krankentransport. Aber die Steuervergünstigung gibt es für beide nur für jeweils 50 % der Einnahmen, da ihre Tätigkeit in der Regel zu gleichen Teilen auf das Fahren des Fahrzeugs und die Betreuung behinderter Menschen entfällt (OFD Frankfurt
vom 1.8.2013; S 2245 A – 2 – St 213).
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat – rechtskräftig – entschieden, dass auch Fahrer, die nebenberuflich für eine teilstationäre Einrichtung der Tagespflege im Fahrdienst tätig sind, Pflegeleistungen erbringen und deshalb Anspruch auf den Übungsleiterfreibetrag für Pfleger gemäß § 3 Nr. 26 EStG haben (FG Baden-Württemberg vom 8.3.2018, 3 K 888/16; die Revision unter dem Az. VI R 9/18 wurde zurückgenommen).
Der Fall: Ein Seniorenzentrum bietet u.a. teilstationäre Tagespflege an. Dabei holen nebenberuflich tätige Fahrer des Heims in speziell ausgestatteten Kleinbussen die Pflegebedürftigen zu Hause ab und bringen sie abends wieder dorthin zurück. Die Fahrer helfen den Personen von der Wohnung zum Bus und beim Ein- und Ausstieg. Die Fahrer erhalten eine Aufwandsentschädigung von höchstens 2.400 Euro jährlich. Der Arbeitgeber – das Heim – meint, die Vergütungen blieben in Höhe des Übungsleiterfreibetrages gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuer- und sozialversicherungsfrei, das Finanzamt berücksichtigt lediglich den Ehrenamtsfreibetrag von 720 Euro gemäß § 3 Nr. 26a EStG.
Nach Auffassung der Finanzrichter sind die Vergütungen durch den Übungsleiterfreibetrag gemäß § 3 Nr. 26 EStG begünstigt und bis zu 2.400 Euro steuerfrei. Diese Vorschrift sei aus gesellschaftspolitischen Gründen zur Anerkennung der für das Gemeinwesen wichtigen Tätigkeit der Pflege und zur Motivation bürgerschaftlichen Engagements eingeführt worden. Das Heim sei eine Einrichtung zur Förderung mildtätiger Zwecke. Die Nutzer der Tagespflege seien aufgrund ihres Alters und ihres geistigen oder körperlichen Zustandes hilfebedürftige Personen.
Die Tätigkeit der Fahrer erschöpfe sich nicht in der reinen Beförderung. Sie enthalte die Pflege alter Menschen. Pflege umfasse „sämtliche persönlich zu erbringende Hilfeleistungen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens“. Dazu gehöre die Hilfe zur Mobilität pflegebedürftiger Personen. Helfe ein Fahrer beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung sowie beim Ein- und Ausstieg, bestehe auch ein unmittelbarer und persönlicher Kontakt. Die Fahrer seien nebenberuflich, im Durchschnitt weniger als zwölf Stunden wöchentlich, tätig.