„Poker boomt in Deutschland!“ Gezockt wird in Casinos, auf Turnieren, auf Online-Plattformen und in privaten Runden. Pokern gilt als Glücksspiel, wenngleich es auch auf Geschick ankommt, nämlich auf analytische und psychologische Fähigkeiten. Ein Spieler kann ein Spiel zwar beeinflussen, er gewinnt deshalb aber noch lange nicht. Entscheidend ist das richtige Blatt. Grundsätzlich sind Spiel-, Sport-, Wett- und Lotteriegewinne nicht steuerpflichtig.
Aber das Finanzamt ist wieder einmal ein Spielverderber. Auf einmal interessiert sich der Fiskus für das Pokerspiel, weil bei Teilnahme an Pokerturnieren offenbar hohe Preisgelder erzielt werden und manche aus der Leidenschaft einen Beruf gemacht haben. Und so will auch der Fiskus mitpokern – jedenfalls an den Gewinnen aus Pokerturnieren beteiligt werden.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Gewinne eines erfolgreichen Pokerspielers, der sehr hohe Preisgelder erzielt hat, als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ steuerpflichtig sind und nicht als Spielgewinne steuerfrei bleiben. Die Pokervarianten „Texas Hold´em“ und „Omaha Limit“ seien nicht als reines Glücksspiel anzusehen. Poker sei im Allgemeinen eine Mischung aus Glücks- und Geschicklichkeitselementen.Pokergewinne seien nur bei Hobbyspielern steuerfrei (BFH-Urteil vom 16.9.2015, X R 43/12).
Der Fall: Ein Flugkapitän hatte seit 20 Jahren an zahlreichen internationalen Pokerturnieren teilgenommen und in den letzten Jahren Preisgelder im sechsstelligen Bereich erzielt. Seiner Meinung nach ist Poker ein Glücksspiel, die Geschicklichkeit stehe im Hintergrund. Und Glücksspiele seien ebenso wie Rennwett- und Lotteriegewinne in Deutschland nicht steuerpflichtig. Doch nach Auffassung des Finanzgerichts und des BFH sind die vom Flugkapitän gespielten Pokervarianten nicht als reines Glücksspiel anzusehen, sondern schon bei einem durchschnittlichen Spieler seien Zufall und Geschicklichkeit gleichbedeutend.
Lohnsteuer kompakt: Für gewerbsmäßige Zocker hat das BFH-Urteil keineswegs nur Nachteile. So können sie etwa Reisekosten, Startgelder, Fortbildungen u.Ä. als Betriebsausgaben geltend machen. Und verlässt sie mal das Glück, müssen sie auch die Verluste aus dem Pokerspiel mit anderen Einkünften verrechnen dürfen. Gut möglich, dass sich der Fiskus mit diesem Urteil verzockt haben könnte. Ungeklärt ist, von welchem Moment an der steuerfreie hobbymäßige Pokerspieler als steuerpflichtiger Profispieler gilt.
Achtung: Nicht entschieden ist bislang, ob auch Gewinne aus dem Pokerspiel in Spielcasinos (sog. Cash-Games) oder aus Pokerspielen im Internet (Online-Poker) einkommensteuerpflichtig sein können. Außerdem bedeutet das BFH-Urteil nicht, dass jeder Turnierpokerspieler einkommensteuerlich zum Gewerbetreibenden wird. Vielmehr sei – so der BFH – stets zwischen einem „am Markt orientierten“ einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Betätigung abzugrenzen.
Diese Abgrenzung finde aber vorrangig nicht bei einem Merkmal des „Glücksspiels“ statt, sondern bei den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht, ggf. auch bei der erforderlichen Abgrenzung zu einer privaten Vermögensverwaltung.
Meinung: Gerade beim Thema Pokern offenbart sich der widersprüchliche Umgang der Behörden mit der Zocke-rei. Auf der einen Seite stufen Bund und Länder das amerikanische Kartenspiel als Glücksspiel ein, das nur in staatlich betriebenen Casinos angeboten werden darf, an denen die öffentliche Hand dann mit-verdient. Auf der anderen Seite besteuert der Fiskus die erfolgreichen Spieler, weil er unterstellt, dass bei ihnen Können zum Erfolg führt und nicht Glück. Natürlich sagt ein Pokerspieler, wenn er gewonnen hat, er habe gut gespielt (Können). Und wenn er verloren hat, sagt er, er habe ein schlechtes Blatt ge-habt (Pech, das Gegenteil von Glück). Der Pokerspieler hat nun vor dem Bundesfinanzhof verloren, aber mit Glück oder Können hat das nichts zu tun.
Hinweis: Im November 2011 erspielte sich der deutsche Student Pius Heinz den Weltmeistertitel im Pokern. Heinz gewann damals das berühmteste und größte Pokerturnier, das es gibt: Das Main Event – und damit 6,3 Millionen Euro. Da nun der Fiskus zugreift, schmilzt der Reingewinn auf die Hälfte.