Bis 2012 waren Anwalts- und Gerichtskosten einer Scheidung als außergewöhnliche Belastungen absetzbar – zumindest solche für die eigentliche Scheidungssache und für den Versorgungsausgleich. Aber ab 2013 will die Finanzverwaltung Scheidungskosten generell nicht mehr steuermindernd anerkennen – weder für die Scheidungsfolgesachen noch für die eigentliche Scheidungssache mitsamt Versorgungsausgleich.
Angeblich wegen einer geänderten Gesetzesregelung. In der amtlichen Anleitung zur Einkommensteuererklärung 2013 heißt es: „Prozesskosten sind ab 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig… Vom Abzugsverbot sind auch die Kosten der Scheidung betroffen.“
Seit 2013 ist im Gesetz festgeschrieben, dass Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen sind, „wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“ (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
Aktuell hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass Scheidungskosten ab 2013 weiterhin als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG absetzbar sind. Denn bei Ehescheidungen müsse davon ausgegangen wer-den, dass sich die Ehepartner nur scheiden lassen, wenn die Ehe so zerrüttet ist, dass ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich ist, sie sich also dem Scheidungsbegehren aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen könnten. Deshalb sei die Zwangsläufigkeit bei Ehescheidungen grundsätzlich zu bejahen (FG Köln vom 13.1.2016, 14 K 1861/15).
Hoch interessant ist eine vollkommen neue Begründung: Nach Auffassung der Finanzrichter gehören Ehescheidungskosten gar nicht zu den „Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten)“ gemäß der Neuregelung ab 2013 in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Das Ehescheidungsverfahren falle nicht unter den Begriff des Rechtsstreits. Die Begriffe „Kosten des Rechtsstreits“ und „Prozesskosten“ finden im maßgeblichen Scheidungsgesetz (FamFG) keine Anwendung, sondern hier ist die Rede von „Verfahren“ und von „Kosten der Scheidungssache“. Das Scheidungsverfahren ist damit kraft gesetzlicher Anordnung kein Prozess, die Kosten des Scheidungsverfahrens sind keine Prozesskosten. Damit erfüllt das Scheidungsverfahren nach Wortlaut und Systematik nicht die Voraussetzungen des Wortlauts des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG, da es sich weder um einen Rechtsstreit handelt noch Prozesskosten anfallen.
Hinweis: Auch zwei weitere Finanzgerichte haben nach neuer Regelung Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Hier galt bisher stets die Begründung, dass der Gesetzgeber lediglich das steuerzahlerfreundliche BFH-Urteil aus dem Jahre 2011 einschränken und die alte Rechtslage wieder herstellen wollte (FG Rheinland-Pfalz vom 16.10.2014, 4 K 1976/14; FG Münster vom 21.11.2014, 4 K 1829/14 E).
Hingegen meint das FG Niedersachsen, dass Scheidungen bei jährlich 190.000 Verfahren nicht mehr außergewöhnlich und zwangsläufig seien (FG Niedersachsen vom 18.2.2015, 3 K 297/14). Bald wird der Bundesfinanzhof die Streitfrage abschließend klären (Aktenzeichen: VI R 66/14, VI R 81/14, VI R 19/15). Falls Sie betroffen sind, berufen Sie sich im Einspruch auf diese Verfahren. Dann ruht der Einspruch gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.