Erbschaftsteuerbefreiung fürs Familienheim trotz befristeter Vermietung?

Erbschaftsteuerbefreiung fürs Familienheim trotz befristeter Vermietung?
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Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims an den Ehegatten bzw. Lebenspartner, an die Kinder, Stiefkinder oder Kinder verstorbener Kinder bleibt von der Erbschaftsteuer befreit – und zwar zusätzlich zu den persönlichen Steuerfreibeträgen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG). Voraussetzung für die Erbschaftsteuerbefreiung ist allerdings, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen.

Bei der Vererbung an den Ehegatten oder Lebenspartner kommt es nicht auf die Größe des Eigenheims an, in den anderen Fällen tritt eine Vergünstigung ein „soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt.“

Wichtig für die Erbschaftsteuerbefreiung:

Das Familienheim muss „unverzüglich zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sein“. Dies bedeutet im Grundsatz, dass der Erbe bereits kurz nach dem Erbfall in das Familienheim einziehen muss, wenn er nicht bereits darin wohnt.

Mit“ kurz“ ist regelmäßig eine Frist von maximal sechs Monaten gemeint. So hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Kinder eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie steuerfrei erben können, wenn sie die Selbstnutzung als Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall aufnehmen. Ein späterer Einzug führt nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb des Familienheims. Der Erbe muss dann aber glaubhaft darlegen, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten hat, beispielsweise im Fall einer dringend notwendigen Renovierung (BFH-Urteil vom 28.5.2019, II R 37/16).

Aktuell hat das Finanzgericht München entschieden, dass die Steuerbefreiung auch dann greift, wenn die Erbin erst zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter ins Familienheim eingezogen ist, weil die Mutter vor ihrem Tod in ein Pflegeheim umziehen musste und ihre Wohnung zeitlich befristet vermietet hatte (FG München, Urteil vom 26.10.2022, 4 K 2183/21).

Der Fall: Die Mutter hatte eine Wohnung lange Jahre selbst genutzt, musste aber im Jahre 2016 in ein Pflegeheim umziehen. Um die Kosten für ihre Unterbringung in der Pflegeeinrichtung zu decken, hatte sie ihre bisherige Wohnung vermietet, den Mietvertrag aber auf vier Jahre befristet. Im Jahre 2018 ist die Mutter gestorben; der Mietvertrag lief im Todeszeitpunkt folglich noch zwei Jahre.

Die Tochter beabsichtigte, in die Wohnung unmittelbar nach dem Ende des Zeitmietvertrages einzuziehen und beantragte daher die erbschaftsteuerliche Befreiung für das Familienheim. Tatsächlich ist der Einzug im Jahre 2020 erfolgt. Zwar wurde ihr vom Finanzamt die Steuerbefreiung versagt, doch ihre Klage vor dem Finanzgericht war erfolgreich.

Begründung: Der Mietvertrag war ursächlich dafür, dass die Tochter die Wohnung erst nach Ablauf der Mietzeit beziehen und damit erst ab diesem Zeitpunkt zu eigenen Wohnzwecken nutzen konnte. Den Grund für die spätere Aufnahme der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken hat die Tochter daher nicht zu vertreten. „Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände“ habe die Klägerin durch ihren Einzug im Jahre 2020 in ausreichendem Maße belegt, dass sie die streitgegenständliche Wohnung nach dem Tod ihrer Mutter unverzüglich i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG zur Selbstnutzung bestimmt hat.

Die Erblasserin ihrerseits hatte ein berechtigtes Interesse an der Vermietung der Wohnung, weil sie mit den Mieteinnahmen die Kosten der Unterbringung mitfinanzieren wollte. Der Umstand, dass die Erblasserin einen für die Dauer von vier Jahren befristeten Zeitmietvertrag abgeschlossen hat, schließt die Anwendung der Steuerbefreiung nicht aus.

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Das Finanzamt ist in die Revision gegangen (Az. II R 48/22), so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. In ähnlichen Fällen sollte die Steuerbefreiung fürs Familienheim jedenfalls beantragt und gegen ablehnende Bescheide Einspruch eingelegt werden. Beantragen Sie ein Ruhen des eigenen Verfahrens, bis der Bundesfinanzhof in dem obigen Fall entschieden hat. Angesichts der hohen Aussetzungszinsen, die anfallen, wenn der Einspruch keinen Erfolg hat, sollte aber wohl überlegt werden, ob zusätzlich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt oder ob die Steuerschuld sofort beglichen wird.

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