Eine Versetzung führt nicht automatisch dazu, dass die neue Dienststelle als regelmäßige Arbeitsstelle anzusehen ist. Mit Urteil vom 29. März 2012 zur Einkommensteuer 2009 (Az.: 5 K 2160/11) hat sich das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit der Frage befasst, ob eine Versetzung eines Soldaten an eine andere Stammdienststelle ohne Weiteres die Annahme rechtfertigt, dass diese Stammdienststelle als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist, mit der steuerlichen Folge, dass dann Fahraufwendungen – als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – nur mit der Entfernungspauschale (0,30 € pro Entfernungskilometer) und nicht nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 € pro gefahrenem km) berücksichtigt werden können.
Im Streitfall war der Kläger als Soldat im Dezember 2008 zunächst an die Stammdienststelle der Bundeswehr in K kommandiert. Mit Verfügungen vom Oktober/November 2008 wurde er für die Zeit ab 1. Januar 2009 dorthin versetzt. In der Verfügung wird u.a. ausgeführt, voraussichtliche Verwendungsdauer: 31.12.2010. Eine Umzugskostenvergütung wurde nicht zugesagt, weil ein Umzug an den neuen Dienstort aufgrund besonderer Gründe nicht durchgeführt werden solle.
In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte der Kläger für seine Fahrten zur Stammdienststelle bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag von 6.793,50 € (= 22.645 km tatsächliche Fahrtstrecke x 0,30 €, also nach Dienstreisegrundsätzen) geltend. Dagegen war das Finanzamt (FA) der Ansicht, die Dienststelle, an die der Kläger versetzt worden sei, stelle seine regelmäßige Arbeitsstätte dar, weswegen nur die Entfernungspauschale mit einem Betrag von 3.438,00 € (191 Tage x 60 km x 0,30 €) anzusetzen sei.
Die vom Kläger erhobene Klage war erfolgreich. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, aufgrund der Besonderheiten des Falles seien die Fahrten des Klägers von seinem Wohnort zur Stammdienststelle in K nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen, denn der Kläger habe im Streitjahr 2009 bei der Stammdienstelle der Bundeswehr in K keine regelmäßige Arbeitsstätte gehabt. Der gesetzlich nicht definierte Begriff „regelmäßige Arbeitsstätte“ sei dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf immer gleiche Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. sogar durch entsprechende Wohnsitznahme hinwirken könne. Liege keine solche Arbeitsstätte vor, sei eine Einschränkung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten sachlich nicht gerechtfertigt. Eine Versetzung begründe aber nicht zwangsläufig am neuen Dienstort eine regelmäßige Arbeitsstätte. Maßgeblich sei vielmehr, ob sich der Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit – aus damaliger Sicht – hätte darauf einrichten können, in K dauerhaft tätig zu sein. Dies sei nicht der Fall gewesen. Nach der Versetzungsverfügung sei nur eine Tätigkeitsdauer von 2 Jahren zu erwarten gewesen. Eine Tätigkeit von 2 Jahren sei zwar längerfristig, aber nur vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt. Außerdem habe der Kläger wegen weiterer Hinweise in den Versetzungsverfügungen damit rechnen müssen, jederzeit – also ggf. auch vor Ablauf der in der Versetzungsverfügung bezeichneten (voraussichtlichen) Verwendungsdauer – erneut versetzt zu werden.
Soweit das FA dagegen argumentiere, Soldaten müssten stets mit ihrer Versetzung rechnen, sei nicht auf die abstrakten Merkmale eines bestimmten Berufsbildes abzustellen. Es komme vielmehr darauf an, ob der Arbeitnehmer des konkret zu beurteilenden Dienstverhältnisses aller Voraussicht nach damit rechnen müsse, dass er seine Arbeitsleistung an immer wieder anderen Arbeitsstätten zu erbringen habe. Aufgrund der vorliegenden Umstände, sei davon auszugehen, dass die Stammdienststelle in K keine regelmäßige Arbeitsstätte gewesen sei.