Bis 2013 war eine Bildungseinrichtung im Rahmen der Berufsausbildung oder Berufsfortbildung keine „regelmäßige Arbeitsstätte“, wenn es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelte. Zudem kam eine regelmäßige Arbeitsstätte nur im Rahmen bezahlter Arbeit in Betracht. Die Fahrtkosten waren folglich mit der Dienstreisepauschale von 30 Cent je Fahrtkilometer oder mit den tatsächlichen Kosten absetzbar. Außerdem konnten Verpflegungspauschbeträge und Unterkunftskosten abgesetzt werden (BFH-Urteile vom 9.2.2012, VI R 42/11 und VI R 44/10).
Nach neuem Reisekostenrecht ab 2014 gilt die Bildungseinrichtung als „erste Tätigkeitsstätte“, wenn die Ausbildung oder Fortbildung in Vollzeit stattfindet. Das bedeutet, dass die Fahrtkosten lediglich mit der Entfernungspauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer absetzbar sind und Verpflegungspauschbeträge nicht mehr anerkannt werden. Der Abzug der tatsächlichen Kosten bzw. der Dienstreisepauschale wie bis 2013 ist nicht mehr möglich.
Die Kosten der Unterkunft am Bildungsort können nur noch nach den Regeln der doppelten Haushaltsführung abgesetzt werden, d.h. am Heimatort muss eine Wohnung aus eigenem Recht genutzt werden und eine finanzielle Beteiligung am Haushalt erfolgen. Das Zimmer im elterlichen Haushalt genügt nicht.
Eine Bildungsmaßnahme in Vollzeit liegt vor, wenn Sie daneben keiner Erwerbstätigkeit oder einer Erwerbstätigkeit von höchstens 20 Wochenstunden nachgehen. Unschädlich sind ebenfalls eine geringfügige Beschäftigung (Minijob) oder eine kurzfristige Beschäftigung (Aushilfsjob).
Aktuell war der Bundesfinanzhof mit der Frage befasst, wie die Berufsausbildung an einer privaten Fachschule zur staatlich anerkannten Erzieherin zu beurteilen ist. Das Kind besuchte im ersten Halbjahr die Fachschule nur an 12 Tagen und absolvierte das verpflichtende Berufspraktikum in einem Kindergarten an 111 Tagen. Nach Auffassung des BFH sind sowohl die Fahrten zum Kindergarten als auch zur Fachschule nicht mit der Entfernungspauschale, sondern mit der Dienstreisepauschale von 30 Cent je Fahrtkilometer absetzbar. Und Verpflegungspauschbeträge sind ebenfalls anzuerkennen (BFH-Urteil vom 5.2.2015, III R 24/14).
Das Praktikum im Kindergarten stellt einen zeitlich begrenzten Teilabschnitt der Berufsausbildung dar, also quasi eine „Auswärtstätigkeit“. Die Fachschule wurde nicht in Vollzeit besucht, sodass nach neuer Rechtslage keine Beschränkung auf die Entfernungspauschale erfolgt.
Lohnsteuer kompakt: Falls die Bildungsmaßnahme außerhalb eines Arbeitsverhältnisses nicht in Vollzeit erfolgt, können die Aufwendungen nach den Regeln der Auswärtstätigkeit als Werbungskosten abgesetzt werden. Dies betrifft beispielsweise Personen, die sich neben ihrem Beruf abends und am Wochenende wei-terbilden oder eine Ausbildung absolvieren.
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