Verlustvortrag: Viele Studenten „verbrennen“ ihre schönen Studienkosten

Viele Studenten "verbrennen" ihre schönen Verlustvorträge
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Nach wie vor befasst sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, ob die Kosten für ein Erststudium als Werbungskosten oder nur begrenzt als Sonderausgaben abziehbar sind. Im Hinblick auf die künftige Entscheidung wird den Studenten stets geraten, ihre Studienkosten als Werbungskosten im Rahmen einer Einkommensteuererklärung als Verlustvortrag geltend zu machen.

Übersteigen die Werbungskosten die Einnahmen des jeweiligen Jahres oder liegen gar keine Einnahmen vor, so entsteht ein Verlust, der – bei einem positiven Urteil der Verfassungshüter – zu einem Verlustvortrag führt, der dann in späteren Jahren die Steuerlast entscheidend mindern kann.

Beispiel: Im Laufe des Studiums sind 10.000 Euro Verlust(-vortrag) aufgelaufen. Sobald das Kind arbeitet und einem Steuersatz von z. B. 35 Prozent unterliegt, würden sich die Studienkosten – über den Verlustvortrag – voll auswirken und zu einer Steuerermäßigung von 3.500 Euro führen. Zwar werden die Werbungskosten vom Finanzamt (noch) nicht anerkannt, allerdings ergehen die Steuerbescheide insoweit vorläufig.

Doch viel zu viele Studenten tappen bereits während der Studienzeit in eine „Falle„. Sie jobben nämlich während des Studiums nicht nur als geringfügig Beschäftigte („Minijob„) oder als kurzfristig Beschäftigte mit Pauschalbesteuerung, sondern lassen den Lohn nach den Lohnsteuerabzugsmerkmalen „besteuern.“ Umgangssprachlich heißt das: Sie arbeiten „auf Lohnsteuerkarte.“

Zwar hat dies den angenehmen Effekt, dass üblicherweise keine Lohnsteuer, nicht einmal die Pauschalsteuer anfällt. Und auch die Sozialabgaben halten sich – insbesondere für den Arbeitgeber – in engen Grenzen. Aber: Der sauer verdiente Arbeitslohn mindert den Verlustvortrag und so kann die Tätigkeit plötzlich zu einem teuren „Vergnügen“ werden.

Beispiel: Sohn Max hat in den ersten beiden Jahren seines Studiums einen Verlustvortrag von 10.000 Euro aufgebaut. Diesen könnte er – wie oben gezeigt – prima nutzen, wenn er nach dem Studium einen gut bezahlten Job ergattert. Im dritten Studienjahr nimmt er jedoch einen Nebenjob an und verdient in dieser Zeit 4.000 Euro .

Auf „Anraten“ seines Arbeitgebers wird die Tätigkeit weder als Minijob noch als kurzfristige Beschäftigung mit Lohnsteuerpauschalierung gewertet. Vielmehr bittet der Chef darum, dass Max ihm die Lohnsteuerabzugsmerkmale mitteilt, sprich, dass Max „auf Lohnsteurkarte“ arbeitet. Max ist damit einverstanden.

Nun kommt es: Zwar zahlt Max keine Einkommensteuer, da er weit unterhalb des Grundfreibetrages liegt. Doch sein Arbeitslohn von 4.000 Euro würde – nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 1.000 Euro – einen eventuellen Verlustvortrag um 3.000 Euro mindern.

Das heißt: Nach dem Studium fehlen ihm 3.000 Euro Verlustvortrag; er hat sie sozusagen „verbrannt.“ Bei dem genannten Steuersatz von 35 Prozent sind das immerhin 1.050 Euro , die nicht mehr genutzt werden können.

Lohnsteuer kompakt

Natürlich ist jeder Fall anders gelagert und auch ist nicht gesagt, dass das Bundesverfassungsgericht tatsächlich zu Gunsten der Studenten entscheidet. Aber um sich zumindest die theoretische Möglichkeit auf einen Verlustabzug zu erhalten, sollten Studenten – wenn irgend möglich – lieber die Möglichkeiten der geringfügigen Beschäftigung (Minijob) oder der kurzfristigen Beschäftigung mit Pauschalbesteuerung nutzen.

10 Kommentare zu “Verlustvortrag: Viele Studenten „verbrennen“ ihre schönen Studienkosten”:

  1. Marisa Warsinow

    Vielen Dank für den hilfreichen Artikel!
    Wird der angesammelte Verlustvortrag auf das nächste Steuerjahr übertragen, wenn das „Guthaben“ aus dem Verlustvortrag die gezahlten Steuer überwiegt oder hat man dann Pech gehabt?

    Bzw. kann man einen Verlustvortrag nachträglich für das Jahr 2017 feststellen lassen, dieser wird 2023 berücksichtigt und dann im kommenden Jahr für 2018 feststellen lassen, sodass dieser 2024 berücksichtigt wird?

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Marisa,

      in Deutschland werden Verlustvorträge, die die Steuerschuld im aktuellen Jahr übersteigen, auf das nächste Steuerjahr übertragen. Das bedeutet, dass der verbleibende Verlustvortrag auch in den Folgejahren weiterhin genutzt werden kann, um die Steuerlast zu reduzieren, bis der gesamte Verlustvortrag aufgebraucht ist.

      Bezüglich Ihrer Frage zu einem nachträglichen Verlustvortrag für das Jahr 2017 und dessen Berücksichtigung in den Folgejahren: In Deutschland können Verlustvorträge rückwirkend geltend gemacht werden, sofern die entsprechenden Fristen noch nicht verstrichen sind. Für die Einkommensteuererklärung haben Sie grundsätzlich vier Jahre Zeit, wenn die Abgabe freiwillig ist (sogenannte Antragsveranlagung). Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkünfte erzielt wurden. In Ihrem Fall wäre die Frist für das Jahr 2017 am 31. Dezember 2021 abgelaufen.

      Da die Fristen für das Jahr 2017 bereits verstrichen sind, ist es unwahrscheinlich, dass Sie den Verlustvortrag für dieses Jahr nachträglich geltend machen können. Um Ihre spezifische Situation zu klären und sich über die geltenden Regelungen und Vorschriften in Deutschland zu informieren, empfehlen wir Ihnen, einen Steuerberater oder eine entsprechende Fachkraft zu Rate zu ziehen.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

  2. Kluge

    Wie ist das als dualer Student. Wenn man Einkommen hat und nach allen Abzügen bei einem einem zu versteuernden Einkommen von 4000€ ist . Dann ist ja Steuer gleich null. Hat man dann auch einen Verlust ,da man ja weit unter den Grundfreibetrag ist.

  3. Tim

    Guten Tag, ich hätte eine wichtige Frage bzgl. des Verlustvortrags. Ich konnte bisher nichts dazu finden und Ihr Artikel kommt am ehesten an das Thema; Ich habe Angst meinen gesammelten Verlustvortrag zu verbrennen.

    Zur Situation: Ich habe eine abgeschlossene Berufsausbildung und dann jetzt im Nachhinein Rechtswissenschaften studiert, welches ich aufgrund der Zweitausbildung von Beginn an alle Ausgaben als Werbungskosten geltend machen konnte. Über die vielen Semester des langen Jurastudiums bin ich so auf ca. 40.000+ € Verlustvortrag gekommen.
    Nun steht jedoch das Referendariat an, bei welchem ich erstmalig versteuerbares Einkommen erzielen werde – und das im Ref leider sehr wenig – ca. 1.400 € Brutto. Das Referendariat geht 2 Jahre.

    Verpufft durch das Referendariat dann mein gesammelter Verlustvortrag, weil er dann quasi ja genutzt wurde – und ich quasi selber Schuld bin keinen besser bezahlten Job direkt nach dem Studium auszuführen, welcher den Verlustvortrag mehr ausgekostet hätte?

    Ich hoffe ich konnte mein Anliegen und Sorgen dbzgl. verständlich darstellen.
    MfG
    Tim

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Tim,

      Dein Verlustvortrag wird tatsächlich während des Referendariats verrechnet, auch wenn das Einkommen gering ist. Das bedeutet, ein Teil Deines Verlustvortrags könnte „verpuffen“, weil er auf Dein niedriges Einkommen angerechnet wird. Leider lässt sich das nicht verhindern, da der Vortrag immer mit dem ersten steuerpflichtigen Einkommen verrechnet wird.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  4. Lena

    Ich habe eine ähnliche Frage wie Tim, da ich in meinem PJ, was verpflichtend ist, auch nur 1040 € Brutto verdiene…Dann kann ich mir rein theoretisch die Arbeit der Verlustvorträge fast sparen, oder?

    MfG
    Lena

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo Lena,

      es stimmt, dass Dein Verlustvortrag auch im PJ mit dem geringen Einkommen verrechnet wird. Das bedeutet, dass ein Teil des Vortrags vielleicht weniger effektiv genutzt wird. Allerdings lohnt sich die Verlustvortragsarbeit trotzdem, weil es möglich ist, dass Du nach dem PJ ein höheres Einkommen hast, wodurch der verbleibende Verlustvortrag dann noch wirksam wird.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer kompakt

  5. Marco

    Guten Tag,

    würde der Verlustvortrag ebenfalls verfallen, wenn ich einen Midijob mit einem Einkommen von 580 € monatlich habe? Leider arbeite ich derzeit als wissenschaftliche Hilfskraft an der Uni, und dies ist momentan die einzige Vertragsoption, die mir zur Verfügung steht.

    Viele Grüße
    Marco

  6. Friedo

    Hallo,
    nach meiner Recherche wirkt sich eine Verlustvortrag doch ebenfalls nicht oder wenig aus, wenn im ersten Beschäftigungsjahr zeitlich nur zum Teil gearbeitet wird.
    Beispiel: Im Masterstudium hat sich ein Verlustvortrag von 8.000 € angesammelt. Es begann wie in den meisten Fällen in einem Wintersemester und wurde in der Regelstudienzeit von vier Semestern absolviert, also Ende eines Sommersemestes abgeschlossen. Nach einem Monat Stellensuche beginnt im November ein Beschäftigungsverhältnis zu monatlich 5.000 € Bruttoarbeitslohn, somit 10.000 € im Verlagungsjahr. Da wäre dann der generierte Verlust abzuziehen und es würden nur 2.000 € Einkünfte festzustellen sein. Damit hat sich der Verlustvortrag erledigt. Aufgrund des steuerlichen Grundfreibetrags wäre es aber ohnehin nicht zu einer Steuerpflicht gekommen. Wegen der in § 10d EStG festgelegten Reihenfolge ist ein Ansatz des Verlustvortrags erst im Folgejahr ausgeschlossen, oder liege ich da falsch?

    1. Thilo Rudolph Autor

      Hallo,

      ja, Sie haben recht. Der Verlustvortrag wird nach § 10d EStG zwingend im ersten Jahr der Beschäftigung verrechnet, selbst wenn Ihr Einkommen unter dem Grundfreibetrag liegt. In Ihrem Beispiel mit 10.000 € Bruttoarbeitslohn würde der Verlustvortrag von 8.000 € aufgebraucht, obwohl keine Steuerpflicht entsteht. Ein Übertrag ins Folgejahr ist dann ausgeschlossen.

      Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung anbieten dürfen. Für verbindliche Auskünfte wenden Sie sich bitte an einen Steuerberater.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thilo Rudolph
      Lohnsteuer-kompakt.de

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