Der Solidaritätszuschlag wurde im Jahre 1991 eingeführt und wird seitdem – mit Ausnahme vom 1.7.1992 bis 31.12.1994 – als Zuschlag zur Einkommen-, Körperschaft-, Lohn- und Kapitalertragsteuer erhoben, um gezielt den Aufbau Ost zu finanzieren. Der Steuersatz betrug vom 1.7.1991 bis 30.6.1992 jeweils aufs ganze Jahr bezogen 3,75 %, vom 1.1.1995 bis 31.12.1997 dann 7,5 %, und seit dem 1.1.1998 liegt er bei 5,5 %.
In den vergangenen Jahren gab es mehrere Versuche, den Solidaritätszuschlag auf dem Gerichtswege zu kippen – bisher leider vergeblich. Im August 2013 hat das Niedersächsische Finanzgericht erneut den Soli für verfassungswidrig befunden und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (FG Niedersachsen vom 21.8.2013, 7 K 143/08). Dort ist das Verfahren jetzt unter dem Aktenzeichen 2 BvL 6/14 anhängig.
Aktuell hat das Niedersächische Finanzgericht nicht nur abermals ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Soli geäußert, sondern geht sogar noch einen Schritt weiter: Die Richter gewähren diesmal Aussetzung der Vollziehung, d.h. der Bürger muss den Soli vorläufig nicht bezahlen, bis das Bundesverfassungsgericht die Frage endgültig geklärt hat (FG Niedersachsen vom 22.9.2015, 7 V 89/14).
Nach Auffassung der Richter ist bei Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts dessen Vollziehung im Regelfall auszusetzen oder im Fall eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben. Allein der Umstand, dass dem Fiskus durch die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung von Bescheiden erhebliche Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe drohen, lasse das individuelle Interesse der Antragsteller an einem effektiven Rechtsschutz nicht hinter das öffentliche Interesse des Staates an einer geordneten Haushaltsführung zurücktreten.
Die Wahrnehmung und Erfüllung der öffentlichen Aufgaben sei durch den drohenden Einnahmeausfall nicht gefährdet. Der Staat verfüge auch für den Fall, dass der Solidaritätszuschlag bis zur Entscheidung des BVerfG über den Vorlagebeschluss des Senats nicht vollzogen werden könne, gerade in jüngster Zeit über ausreichende Steuereinnahmen. Er erziele Rekordsteuereinnahmen und könne sich im Zweifel am Kapitalmarkt zu historisch niedrigen Zinsen refinanzieren, so dass die Wahrnehmung und Erfüllung der öffentlichen Aufgaben nicht gefährdet erscheine.
Lohnsteuer kompakt: Wir möchten dringend davor warnen, von einem Antrag auf „Aussetzung der Vollziehung“ des Solidaritätzuschlages Gebrauch zu machen. Sollte nämlich das Bundesverfassungsgericht dermaleinst die Verfassungswidrigkeit des Soli verneinen, müssen Sie nicht nur den Soli für mehrere Jahre nachzahlen, sondern obendrein noch Aussetzungszinsen von happigen 6 Prozent pro Jahr berap-pen.
Hier spielt der Fiskus ein zweifach falsches Spiel gegenüber dem Steuerbürger: Zum einen verlangt er einen Wucherzins von 6 %, wobei der Staat sich um die 0 % oder sogar zu einem negativen Zinssatz refinanziert. Zum anderen bekommen Sie keine Aussetzungszinsen, wenn Sie auf die Aussetzung der Vollziehung verzichten, brav den Soli bezahlen und nur das Ruhenlassen beantragen oder wenn der Steuerbescheid in diesem Punkt von Amts wegen offen bleibt. Zur Erinnerung: Schon seit Jahren steht wegen des Solis im Steuerbescheid ein Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 AO. Sie müssen also deswegen keinen Einspruch einlegen.