Wer die Beamtenlaufbahn anstrebt und eine entsprechende Ausbildung absolviert, etwa zum Polizei- oder Finanzbeamten, wird von seinem Dienstherrn zunächst in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Während der Ausbildung, dem Vorbereitungsdienst, werden Beamtenanwärter üblicherweise einer Stammdienststelle zugeordnet und durchlaufen dort die einzelnen Ausbildungsstationen. Die Zuordnung erfolgt grundsätzlich für die gesamte Zeit der zumeist zwei- oder dreijährigen Ausbildung.
Doch während der Ausbildungszeit kann es auch zu Abordnungen kommen, etwa weil einzelne Ausbildungsschritte nur an einer bestimmten Einrichtung des Dienstherrn erfolgen können.
In diesen Fällen gibt es immer wieder Streitigkeiten darüber, wie die Fahrten zum eigentlichen Ausbildungsamt und zu den davon abweichenden Ausbildungseinrichtungen steuerlich zu berücksichtigen sind.
Die Grundsätze
Zunächst kommt es immer darauf an, ob ein Arbeitnehmer eine sogenannte erste Tätigkeitsstätte hat. Fahrten zu dieser ersten Tätigkeitsstätte dürfen nur mit der Entfernungspauschale und nicht nach Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten geltend gemacht werden. Zudem werden keine Verpflegungspauschalen für die Tage gewährt, an den die erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Aber was ist denn – bitte schön – überhaupt eine erste Tätigkeitsstätte bei Beamtenanwärtern?
- Die erste Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer durch dienstrechtliche Weisungen zugeordnet wurde und wo er dauerhaft tätig werden soll.
- Dauerhaft soll der Arbeitnehmer an einem Ort tätig werden, wenn er dort für unbestimmte Zeit, einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten oder für den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses tätig werden soll.
- Die Anwärter werden ihrem Ausbildungsamt per Einstellungsverfügung zugeordnet. Die Zuordnung umfasst die gesamte Ausbildung und somit den gesamten Zeitraum eines Dienstverhältnisses, es handelt sich somit um eine dauerhafte Zuordnung (OFD Niedersachsen vom 15.3.2017, S 2350 – 14 – St 215).
Die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und dem Ausbildungsamt sind folglich grundsätzlich mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen, also mit 30 Cent pro Entfernungskilometer (2021: 35 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer, 2022: 38. Cent ab dem 21. Entfernungskilometer). Verpflegungskosten dürfen nicht geltend gemacht werden.
Vorübergehende Zuordnung zu einem anderen Amt
Werden die Anwärter vorübergehend an ein anderes Amt abgeordnet, um dort ein Ausbildungsmodul zu durchlaufen, so handelt es sich insoweit um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit und die Anwärter können Reisekosten geltend machen. Fahrtkosten sind mit den tatsächlichen Kosten oder der Dienstreisepauschale (30 Cent pro gefahrenem Km) zu berücksichtigen, Mehraufwendungen für Verpflegung – bis zu drei Monaten – mit den jeweiligen Verpflegungspauschalen (14 Euro oder 28 Euro).
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Bei längerfristigen Auswärtstätigkeiten ist der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate begrenzt. Die Frist beginnt aber von Neuem, wenn der Anwärter für mehr als vier Wochen zu seiner Stammdienststelle zurückkehrt und dann erneut an ein anderes Amt abgeordnet wird.
Unterrichtsämter und auswärtige Lehrgänge
Werden die Anwärter für die Teilnahme an Lehrgängen vorübergehend an eine Fortbildungseinrichtung (Schule, Hochschule, Akademie) abgeordnet, so handelt es sich auch hier um eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit. Die Anwärter können für den Zeitraum der Abordnung Reisekosten geltend machen, also entsprechend hohe Fahrtkosten und – für die ersten drei Monate – auch Verpflegungspauschalen. Gleiches gilt für Fahrten zu auswärtigen Unterrichtsämtern im Rahmen eventueller Ausbildungsarbeitsgemeinschaften.
Die Drei-Monats-Frist für den Abzug der Verpflegungspauschalen beginnt von Neuem, wenn der Anwärter für mehr als vier Wochen zu seiner Stammdienststelle zurückkehrt und dann erneut auswärts tätig wird.
Übernachtungskosten
Übernachtungskosten bei Auswärtstätigkeiten sind (nur) in der nachgewiesenen Höhe, nach Abzug eventueller Arbeitgebererstattungen, als Werbungskosten abzugsfähig. Insoweit gibt es keine Pauschalen. Üblicherweise übernachten Beamtenanwärter unmittelbar in den Fortbildungseinrichtungen oder aber in Räumlichkeiten, die vom Arbeitgeber angemietet worden sind. Sofern sie hierfür eine Zuzahlung leisten müssen, kann diese steuerlich berücksichtigt werden.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht hier um den Fall, dass Beamtenanwärter im Rahmen einer Auswärtstätigkeit, also einer Abordnung, übernachten. Die Kosten der Übernachtung während der Ausbildung am „Stammsitz“ sind nicht abziehbar. Und wenn der Dienstherr eine kostenlose oder verbilligte Unterkunft zur Verfügung stellt, ist der geldwerte Vorteil zu versteuern.
Kürzung der Werbungskosten
Selbstverständlich sind die Werbungskosten um Erstattungen des Dienstherrn zu kürzen. Dabei muss es sich nicht um echte Erstattungen handeln, vielmehr führen auch Mahlzeitengestellungen zur Kürzung der Werbungskosten. Der Bundesfinanzhof hat übrigens entschieden, dass die Kürzung der Verpflegungspauschbeträge auch dann vorzunehmen ist, wenn der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber bezahlte Mahlzeit nicht einnimmt (BFH-Urteil vom 7.7.2020, VI R 16/18).
Die Verpflegungspauschalen sind also um die zur Verfügung gestellten Mahlzeiten zu kürzen, und zwar um 20 % für ein Frühstück und je 40 % für ein Mittag- oder Abendessen. Wenn die Beamtenanwärter für die zur Verfügung gestellten Mahlzeiten aber ein Entgelt zu entrichten haben, ist die Kürzung der Verpflegungspauschalen wiederum zu mindern.
Beispiel:
Herr Schulze besucht während seiner Vorbereitungszeit als Beamtenanwärter eine Ausbildungseinrichtung des Dienstherrn. Er übernachtet dort während der Woche. Die Verpflegung wird gestellt, doch Herr Schulze muss Zuzahlungen von 10 Euro pro Tag leisten. Er kann seine Verpflegungsaufwendungen wie folgt geltend machen:
Verpflegungspauschale (24 Stunden abwesend)
Kürzung um Mahlzeitengestellung
Frühstück
Mittagessen
Abendessen
Zuzahlung
Verbleibende Kürzung der Verpflegungspauschale
Anzuerkennende Verpflegungsmehraufwendungen |
5,60 Euro
11,20 Euro
11,20 Euro
28,00 Euro
10,00 Euro
18,00 Euro
|
28,00 Euro
./. 18,00 Euro
10,00 Euro |
Zu beachten ist, dass auch eventuelle Trennungsentschädigungen bzw. Trennungsgelder die Werbungskosten mindern. Für die Experten unter Ihnen: Manchmal werden Trennungsgelder steuerpflichtig und nicht steuerfrei (§ 3 Nr. 13 EStG) ausgezahlt. Bei einer Steuerpflicht der Trennungsgelder erfolgt keine Kürzung der Werbungskosten. Das ist aber eher selten und betrifft zumeist auch nur Altjahre.
Doppelte Haushaltsführung
Wie oben dargestellt gelten die Dienstreisegrundsätze nur bei Auswärtstätigkeiten, also bei Tätigkeiten außerhalb der Ausbildungsdienststelle. Wer aber für einen langen Zeitraum für Ausbildungszwecke fernab seines Heimatortes tätig ist und daher eine Unterkunft am Ausbildungsort anmietet, sollte prüfen, ob er die Kosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend machen kann. Zugegebenermaßen wird die Möglichkeit bei Auszubildenden nicht allzu häufig bestehen, da diese oftmals in der Heimat noch in ihrem alten Jugendzimmer wohnen, wenn sie dort am Wochenende sind. Doch wenn sie tatsächlich zwei Hausstände unterhalten, kommt ein Abzug in Betracht.
Sonderfall Langfristige Abordnung
Es gibt Fälle, in denen Behörden zwar Beamtenanwärter einstellen, sie selbst aber gar nicht ausbilden und die Anwärter daher für die gesamte Ausbildungszeit an ein Ausbildungsamt abordnen. Beispiel: Eine Bundesbehörde weist einen Beamtenanwärter für die dreijährige Ausbildungszeit einem Amt zu, das einer Landesbehörde unterstellt ist, weil nur dort die praktische Ausbildung erfolgen kann. Dienstherr bleibt aber die Bundesbehörde.
Hier gilt das Amt, das zu der Landesbehörde gehört, als erste Tätigkeitsstätte, weil der Anwärter „für den gesamten Zeitraum seines Dienstverhältnisses“ dieser Dienststelle zugeordnet ist. Folge: Der Anwärter hat keine Auswärtstätigkeit und darf seine Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale geltend machen. Verpflegungsmehraufwendungen können nicht abgezogen werden.
Der Grund findet sich in den Besonderheiten des Beamtenrechts. In § 22 Abs. 4 Beamtenstatusgesetz heißt es: „Das Beamtenverhältnis auf Widerruf endet mit Ablauf des Tages der Ablegung oder dem endgültigen Nichtbestehen der für die Laufbahn vorgeschriebenen Prüfung, sofern durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.“ Für Bundesbeamte gilt eine ähnliche Regelung (§ 37 Bundesbeamtengesetz). Damit umfasst die Abordnung zu dem bestimmten Amt den gesamten Zeitraum des Dienstverhältnisses, also vom Beginn bis zum Ende der Ausbildung. Dass der Anwärter nach bestandener Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Beamten auf Probe berufen, also „übernommen“ wird, spielt dabei keine Rolle.